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Revision as of 17:19, 18 November 2017

WDF mit ungleichen Symbolwahrscheinlichkeiten

Wir betrachten ein Übertragungssystem mit

  • nur einer Basisfunktino ($N = 1$),
  • zwei Signalen $s_0 = E_s^{\rm 1/2}$ und $s_1 = \, –E_s^{\rm 1/2} (M = 2)$,
  • einem AWGN–Kanal mit Varianz $\sigma_n^2 = N_0/2$.


Da in dieser Aufgabe der allgemeine Fall ${\rm Pr}(m_0) ≠ {\rm Pr}(m_1)$ behandelt wird, genügt es nicht, die bedingten Dichtefunktionen $p_{\it r|m_i}(\rho |m_i)$ zu betrachten. Vielmehr müssen diese noch mit den Symbolwahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(m_i)$ multipliziert weden (für $i$ sind hier die Werte $0$ und $1$ einzusetzen).

Liegt die Entscheidungsgrenze zwischen den beiden Regionen $I_0$ und $I_1$ bei $G = 0$, also in der Mitte zwischen $\boldsymbol{s}_0$ und $\boldsymbol{s}_1$, so ist die Fehlerwahrscheinlichkeit unabhängig von den Auftrittswahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(m_0)$ und ${\rm Pr}(m_1)$:

$$p_{\rm S} = {\rm Pr}({ \cal E} ) = {\rm Q} \left ( \frac{d/2}{\sigma_n} \right ) \hspace{0.05cm}.$$

Hierbei gibt $d$ den Abstand zwischen den Signalpunkten $s_0$ und $s_1$ an und $d/2$ dementsprechend den jeweiligen Abstand von $s_0$ bzw. $s_1$ von der Entscheidungsgrenze $G = 0$. Der Effektivwert (Wurzel aus der Varianz) des AWGN–Rauschens ist $\sigma_n$.

Sind dagegen die Auftrittswahrscheinlichkeiten unterschiedlich ⇒ ${\rm Pr}(m_0) ≠ {\rm Pr}(m_1)$, so kann durch eine Verschiebung der Entscheidergrenze $G$ eine kleinere Fehlerwahrscheinlichkeit erzielt werden:

$$p_{\rm S} = {\rm Pr}(m_1) \cdot {\rm Q} \left ( \frac{d/2}{\sigma_n} \cdot (1 + \gamma) \right ) + {\rm Pr}(m_0) \cdot {\rm Q} \left ( \frac{d/2}{\sigma_n} \cdot (1 - \gamma) \right )\hspace{0.05cm},$$

wobei die Hilfsgröße $\gamma$ wie folgt definiert ist:

$$\gamma = 2 \cdot \frac{ \sigma_n^2}{d^2} \cdot {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}( m_1)}{{\rm Pr}( m_0)} \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} G_{\rm opt} = \gamma \cdot E_{\rm S}^{1/2}\hspace{0.05cm}.$$

Hinweise:


Fragebogen

1

Wie groß sind die der Grafik zugrundeliegenden Symbolwahrscheinlichkeiten, wenn die blaue Gaußkurve genau doppelt so hoch ist wie die rote?

${\rm Pr}(m_0)$ =

${\rm Pr}(m_1)$ =

2

Wie groß ist die Fehlerwahrscheinlichkeit mit der Rauschvarianz $\sigma_n^2 = E_{\rm S}/9$ und der Entscheidergrenze $G = 0$?

$G = 0 \text{:} \hspace{0.2cm} p_{\rm S}$ =

$\ \cdot 10^{\rm –2}$

3

Wie lautet die optimale Schwelle für die gegebenen Wahrscheinlichkeiten?

$G_{\rm opt}$ =

$\ \cdot E_s^{\rm 1/2}$

4

Wie groß ist nun die Fehlerwahrscheinlichkeit?

$G = G_{\rm opt} \text{:} \hspace{0.2cm} p_{\rm S}$ =

$\ \cdot 10^{\rm –2}$

5

Welche Fehlerwahrscheinlichkeiten erhält man mit der Rauschvarianz $\sigma_n^2 = E_{\rm S}$?

$G = 0 \text{:} \hspace{0.2cm} p_{\rm S}$ =

$\ \cdot 10^{\rm 0}$
$G = G_{\rm opt} \text{:} \hspace{0.2cm} p_{\rm S}$ =

$\ \cdot 10^{\rm 0}$

6

Welche Aussagen gelten für die Rauschvarianz $\sigma_n^2 = 4 \cdot E_{\rm S}$?

Mit $G = 0$ ist die Fehlerwahrscheinlichkeit größer als $30\%$.
Die optimale Entscheiderschwelle liegt rechts von $s_0$.
Bei optimaler Schwelle ist die Fehlerwahrscheinlichkeit etwa $27\%$.
Der Schätzwert $m_0$ ist nur mit Rauschen möglich.


Musterlösung

(1)  Die Höhen der beiden gezeichneten Dichtefunktionen – unter Berücksichtigung von ${\rm Pr}(m_0)$ und ${\rm Pr}(m_1)$ – sind proportional zu diesen Auftrittswahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(m_0)$ und ${\rm Pr}(m_1)$. Aus

$${\rm Pr}(m_1) = 2 \cdot {\rm Pr}(m_0) \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} {\rm Pr}(m_0) + {\rm Pr}(m_1) = 1$$

folgt direkt ${\rm Pr}(m_0) = 1/3 \ \underline {\approx 0.333}$ und ${\rm Pr}(m_1) = 2/3 \ \underline {\approx 0.667}$.


(2)  Mit der Entscheidergrenze $G = 0$ gilt unabhängig von den Auftrittswahrscheinlichkeiten:

$$p_{\rm S} = {\rm Q} \left ( \frac{d/2}{\sigma_n} \right ) \hspace{0.05cm}.$$

Mit $d = 2 \cdot E_{\rm S}^{\rm 1/2}$ und $\sigma_n = E_{\rm S}^{\rm 1/2}/3$ ergibt sich hierfür:

$$p_{\rm S} = {\rm Q} (3) \hspace{0.1cm} \hspace{0.15cm}\underline {\approx 0.135 \cdot 10^{-2}} \hspace{0.05cm}.$$


(3)  Entsprechend der Angabe gilt für den „normierten Schwellenwert”:

$$\gamma = \frac{G_{\rm opt}}{E_{\rm S}^{1/2}} = 2 \cdot \frac{ \sigma_n^2}{d^2} \cdot {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}( m_1)}{{\rm Pr}( m_0)} = \frac{ 2 \cdot E_{\rm S}/9}{4 \cdot E_{\rm S}} \cdot {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{2/3}{1/3} \hspace{0.1cm}\hspace{0.15cm}\underline {\approx 0.04} \hspace{0.05cm}.$$

Damit ist $G_{\rm opt} = \gamma \cdot E_{\rm S}^{\rm 1/2} = 0.04 \cdot E_{\rm S}^{\rm 1/2}$. Die optimale Entscheidergrenze ist demnach nach rechts (hin zum unwahrscheinlicheren Symbol $s_0$) verschoben, da ${\rm Pr}(m_0) < {\rm Pr}(m_1)$.


(4)  Mit dieser optimalen Entscheidergrenze ergibt sich eine gegenüber der Teilaufgabe (2) geringfügig kleinere Fehlerwahrscheinlichkeit:

$$p_{\rm S} \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} {2}/{3} \cdot {\rm Q} (3 \cdot 1.04) + {1}/{3} \cdot {\rm Q} (3 \cdot 0.96) = \ $$
$$\hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} {2}/{3} \cdot 0.090 \cdot 10^{-2} + {1}/{3} \cdot 0.199 \cdot 10^{-2} \hspace{0.1cm}\hspace{0.15cm}\underline {\approx 0.126 \cdot 10^{-2}} \hspace{0.05cm}.$$


(5)  Mit der Entscheidergrenze in der Mitte zwischen den Symbolen ($G = 0$) ergibt sich analog zur Teilaufgabe (2) mit der nun größeren Rauschvarianz:

$$p_{\rm S} = {\rm Q} \left ( \frac{d/2}{\sigma_n} \right ) = {\rm Q} \left ( \frac{E^{1/2}}{E^{1/2}} \right )= {\rm Q} (1)\hspace{0.1cm} \hspace{0.15cm}\underline {\approx 0.159} \hspace{0.05cm}.$$

Die Kenngröße $\gamma$ (normierte bestmögliche Verschiebung der Entscheidergrenze) ergibt sich zu

$$\gamma = 2 \cdot \frac{ \sigma_n^2}{d^2} \cdot {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}( m_1)}{{\rm Pr}( m_0)} = \frac{ 2 \cdot E_{\rm S}}{4 \cdot E_{\rm S}} \cdot {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{2/3}{1/3} = \frac{{\rm ln} \hspace{0.15cm} 2}{2} \approx 0.35 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} G_{\rm opt} = 0.35 \cdot E_{\rm S}^{1/2} \hspace{0.05cm}.$$

Das häufigere Symbol wird nun seltener verfälscht ⇒ die mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit wird geringer:

$$p_{\rm S} = {2}/{3} \cdot {\rm Q} (1.35) + {1}/{3} \cdot {\rm Q} (0.65) = {2}/{3} \cdot 0.0885 +{1}/{3} \cdot 0.258 \hspace{0.1cm} \hspace{0.15cm}\underline {\approx 0.145} \hspace{0.05cm}.$$

Die Abbildung macht deutlich, dass die optimale Entscheidergrenze auch grafisch als Schnittpunkt der beiden (gewichteten) Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen ermittelt werden kann:

Dichtefunktionen mit σn2 = ES


(6)  Alle Lösungsvorschläge dieser eher akademischen Teilaufgabe sind richtig. Mit dem Schwellenwert $G = 0$ ergibt sich $p_{\rm S} = {\rm Q}(0.5) \ \underline {\approx 0.309}$. Die Kenngröße $\gamma = 1.4$ hat nun den vierfachen Wert gegenüber der Teilaufgabe (5), so dass die optimale Entscheidergrenze nun bei $G_{\rm opt} = \underline {1.4 \cdot s_0}$ liegt. Somit gehört der (ungestörte) Signalwert $s_0$ nicht zur Entscheidungsregion $I_0$, sondern zu $I_1$, gekennzeichnet durch $\rho < G_{\rm opt}$. Nur mit einem (positiven) Rauschanteil ist $I_0 (\rho > G_{\rm opt})$ überhaupt erst möglich. Für die Fehlerwahrscheinlichkeit gilt mit $G_{\rm opt} = 1.4 \cdot s_0$:

$$p_{\rm S} \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} {2}/{3} \cdot {\rm Q} (0.5 \cdot (1 + 1.4)) + {1}/{3} \cdot {\rm Q} (0.5 \cdot (1 - 1.4)) = $$
$$\hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} {2}/{3} \cdot {\rm Q} (1.2) + {1}/{3} \cdot {\rm Q} (-0.2)= {2}/{3} \cdot 0.115 + {1}/{3} \cdot [1- 0.421] \hspace{0.15cm}\underline {\approx 0.27} \hspace{0.05cm}.$$

Die folgende Grafik verdeutlicht die hier gemachten Aussagen.

Dichtefunktionen mit σn2 = 4 ·ES