Difference between revisions of "Channel Coding/Some Basics of Algebra"

From LNTwww
Line 241: Line 241:
 
[[Aufgaben:2.1_Gruppe,_Ring,_Körper|Aufgabe 2.1: Gruppe, Ring, Körper]]
 
[[Aufgaben:2.1_Gruppe,_Ring,_Körper|Aufgabe 2.1: Gruppe, Ring, Körper]]
  
[[Aufgaben:Aufgabe_2.1Z:_Welche_Tabellen_beschreiben_Gruppen%3F|Aufgabe 2.1Z: Welche Tabellen beschreiben Gruppen]]
+
[[Aufgaben:Aufgabe_2.1Z:_Welche_Tabellen_beschreiben_Gruppen%3F|Aufgabe 2.1Z: Welche Tabellen beschreiben Gruppen?]]
  
 
[[Aufgaben:2.2_Eigenschaften_von_Galoisfeldern|Aufgabe 2.2: Eigenschaften von Galoisfeldern]]
 
[[Aufgaben:2.2_Eigenschaften_von_Galoisfeldern|Aufgabe 2.2: Eigenschaften von Galoisfeldern]]

Revision as of 14:00, 8 July 2018

# ÜBERBLICK ZUM ZWEITEN HAUPTKAPITEL #


Dieses Kapitel behandelt die Reed–Solomon–Codes, die Anfang der 1960er Jahre von Irving Stoy Reed und Gustave Solomon erfunden wurden. Im Gegensatz zu den binären Blockcodes basieren diese auf einem Galoisfeld GF(2m) mit m>1. Sie arbeiten also mit mehrstufigen Symbolen anstelle von Binärzeichen (Bit).

Im Einzelnen werden in diesem Kapitel behandelt:

  • Die Grundlagen der linearen Algebra: Menge, Gruppe, Ring, Körper, endlicher Körper,
  • die Definition von Erweiterungskörpern   ⇒   GF(2m) und die zugehörigen Operationen,
  • die Bedeutung von irreduziblen Polynomen und primitiven Elementen,
  • die Beschreibungs– und Realisierungsmöglichkeiten eines Reed–Solomon–Codes,
  • die Fehlerkorrektur eines solchen Codes beim Auslöschungskanal (BEC),
  • die Decodierung mit Hilfe des Error Locator Polynoms   ⇒   Bounded Distance Decoding,
  • die Blockfehlerwahrscheinlichkeit der Reed–Solomon–Codes und typische Anwendungen.



Definition eines Galoisfeldes


Bevor wir uns der Beschreibung der Reed–Solomon–Codes zuwenden können, benötigen wir einige algebraische Grundbegriffe.

Beginnen wir mit den Eigenschaften eines Galoisfeldes GF(q), benannt nach dem Franzosen Évariste Galois, dessen Biografie für einen Mathematiker eher ungewöhnlich ist.

Definition:  Ein Galoisfeld GF(q) ist ein endlicher Körper mit q Elementen z0, z1, ... , zq1, wenn die acht nachfolgend aufgeführten Aussagen hinsichtlich Addition („+”) und Multiplikation („”) zutreffen.

  • Addition und Multiplikation sind hierbei modulo q zu verstehen.
  • Die Ordnung q gibt die Anzahl der Elemente des Galoisfeldes an.

(A)  GF(q) ist in sich abgeschlossen   ⇒   Closure:

ziGF(q),zjGF(q):(zi+zj)GF(q),(zizj)GF(q).

(B)  Es gibt ein hinsichtlich der Addition neutrales Element NA, das so genannte Nullelement   ⇒   Identity for „+”:

zjGF(q):zi+zj=zizj=NA= 0(Nullelement).

(C)  Es gibt ein hinsichtlich der Multiplikation neutrales Element NM, das so genannte Einselement   ⇒   Identity for „·”:

zjGF(q):zizj=zizj=NM=1(Einselement).

(D)  Für jedes zi existiert eine additive Inverse InvA(zi)   ⇒   Inverse for „+”:

ziGF(q),InvA(zi)GF(q):zi+InvA(zi)=NA=0kurz:InvA(zi)=zi.

(E)  Für jedes zi mit Ausnahme des Nullelements existiert die multiplikative Inverse InvM(zi)   ⇒   Inverse for „·”:

ziGF(q),ziNA,InvM(zi)GF(q):ziInvM(zi)=NM=1kurz:InvM(zi)=z1i.

(F)  Für Addition und Multiplikation gilt jeweils das Kommutativgesetz   ⇒   Commutative Law:

zi,zjGF(q):zi+zj=zj+zi,zizj=zjzi.

(G)  Für Addition und Multiplikation gilt jeweils das Assoziativgesetz   ⇒   Associative Law:

zi,zj,zkGF(q):(zi+zj)+zk=zi+(zj+zk),(zizj)zk=zi(zjzk).

(H)  Für die Kombination „Addition – Multiplikation” gilt das Distributivgesetz   ⇒   Distributive Law:

zi,zj,zkGF(q):(zi+zj)zk=zizk+zjzk.



Beispiele und Eigenschaften von Galoisfeldern


Wir überprüfen zunächst, ob für die binäre Zahlenmenge Z2={0,1}   ⇒   q=2 (gültig für den einfachen Binärcode) die auf der letzten Seite genannten acht Kriterien erfüllt werden, so dass man tatsächlich von „GF(2)” sprechen kann. Sie sehen nachfolgend die Additions– und Multiplikationstabelle:

Z2={0,1}Addition: [+01001110],Multiplikation: [01000101]GF(2).

Man erkennt aus dieser Darstellung:

  • Jedes Element der Additions– und der Multiplikationstabelle von Z2 ist wieder z0=0 oder z0=1   ⇒   das Kriterium (A) ist erfüllt.
  • Die Menge Z2 enthält das Nullelement (NA=z0=0) und das Einselement (NM=z1=1)  ⇒  die Kriterien (B) und (C) sind erfüllt.
  • Die additiven Inversen InvA(0)=0 und InvA(1)=1 mod 2=1 existieren und gehören zu Z2.
  • Ebenso gibt es die multiplikative Inverse InvM(1)=1   ⇒   die Kriterien (D) und (E) sind erfüllt.
  • Die Gültigkeit des Kommutativgesetzes (F) in der Menge Z2 erkennt man an der Symmetrie bezüglich der Tabellendiagonalen.
  • Die Kriterien (G) und (H) werden hier ebenfalls erfüllt   ⇒   alle acht Kriterien sind erfüllt   ⇒   Z2=GF(2).


Beispiel 1:  Die Zahlenmenge Z3={0,1,2}   ⇒   q=3 erfüllt alle acht Kriterien und ist somit ein Galoisfeld GF(3):

Z3={0,1,2}Addition: [+012001211202201],Multiplikation: [012000010122021]GF(3).


Beispiel 2:  Dagegen ist die Zahlenmenge Z4={0,1,2,3}   ⇒   q=4 kein Galoisfeld.

  • Der Grund hierfür ist, dass es hier zum Element z2=2 keine multiplikative Inverse gibt. Bei einem Galoisfeld müsste nämlich gelten:   2InvM(2)=1
  • In der Multiplikationstabelle gibt es aber in der dritten Zeile und dritten Spalte (jeweils gültig für den Multiplikanden z2=2 keinen Eintrag mit „1”.
Z4={0,1,2,3}Addition: [+012300123112302230133012],Multiplikation: [012300000101232020230321]kein GF(4).


Verallgemeinerung (vorerst ohne Beweis):

  • Ein Galoisfeld GF(q) kann in der hier beschriebenen Weise als Ring von Integergrößen modulo q nur dann gebildet werden, wenn q eine Primzahl ist:   q=2, q=3, q=5, q=7, q=11, ...
  • Kann man aber die Ordnung q in der Form q=Pm mit einer Primzahl P und ganzzahligem m ausdrücken, so lässt sich das Galoisfeld GF(q) über einen Erweiterungskörper finden.


Gruppe, Ring, Körper – algebraische Grundbegriffe


Auf den ersten Seiten sind bereits einige algebraische Grundbegriffe gefallen, ohne dass deren Bedeutungen genauer erläutert wurden. Dies soll nun in aller Kürze aus Sicht eines Nachrichtentechnikers nachgeholt werden, wobei wir uns vorwiegend auf die Darstellung in [Fri96][1] und [KM+08][2] beziehen. Zusammenfassend lässt sich sagen:

Definition:  Ein Galoisfeld GF(q) ist ein Körper (englisch: Field) mit einer begrenzten Anzahl (q) an Elementen   ⇒   endlicher Körper. Jeder Körper ist wieder ein Sonderfall eines Rings (gleichlautende englische Bezeichnung), der sich selbst wieder als Spezialfall einer Abelschen Gruppe (englisch: Abelian Group) darstellen lässt.


Algebraische Zusammenhänge zwischen Gruppe, Ring und Körper

Die Grafik verdeutlicht schrittweise, wie sich aus einer Menge durch Definition von Additition, Multiplikation und Division innerhalb dieser Menge M folgende untergeordnete Mengen ergeben:

  • Abelsche Gruppe G (englisch: Field ) ,
  • Ring R,
  • Körper K (englisch: Field F),
  • endlicher Körper Fq oder Galoisfeld GF(q).


Auf den beiden nächsten Seiten werden die hier genannten algebraischen Begriffe genauer behandelt. Zum Verstehen der Reed–Solomon–Codes sind diese Kenntnisse allerdings nicht unbedingt erforderlich. Sie könnten also auch direkt zum Kapitel Erweiterungskörper springen.


Definition und Beispiele einer algebraischen Gruppe


Für die allgemeinen Definitionen von Gruppe (und später Ring) gehen wir von einer Menge mit unendlich vielen Elementen aus:

M={z1,z2,z3, ...}.

Definition:  Eine algebraische Gruppe (G,+) ist eine (beliebige) Teilmenge GM) zusammen mit einer zwischen allen Elementen definierten additiven Verknüpfung („+”), allerdings nur dann, wenn die folgenden Eigenschaften zwingend erfüllt sind:

  • Für alle zi,zjG gilt (zi+zj)G   ⇒   Closure–Kriterium für „+”.
  • Es gibt stets ein hinsichtlich der Addition neutrales Element NAG, so dass für alle ziG gilt:   zi+NA=zi. Bei einer Zahlengruppe ist NA0.
  • Für alle ziG gibt es zudem ein hinsichtlich der Addition inverses Element InvA(zi)G mit der Eigenschaft zi+InvA(zi)=NA. Bei einer Zahlengruppe ist InvA(zi)=zi.
  • Für alle zi,zj,zkG gilt: zi+(zj+zk)=(zi+zj)+zk)  ⇒  Assoziativgesetz für „+”.

Wird zusätzlich für alle zi,zjG das Kommutativgesetz zi+zj=zj+zi erfüllt, so spricht man von einer kommutativen Gruppe oder einer Abelschen Gruppe, benannt nach dem norwegischen Mathematiker Niels Hendrik Abel.


Beispiele für algebraische Gruppen:

(1)  Die Menge der rationalen Zahlen ist definiert als die Menge aller Quotienten I/J mit ganzen Zahlen I und J0. Diese Menge ist eine Gruppe (G,+) hinsichtlich der Addition, da

  • für alle aG und bG auch die Summe a+b wieder zu G gehört,
  • das Assozitativgesetz gilt,
  • mit NA=0 das neutrale Element der Addition in G enthalten ist, und
  • es für jedes a die additive Inverse InvA(a)=a existiert.

Da zudem das Kommutativgesetz erfüllt ist, handelt es sich um eine abelsche Gruppe.

(2)  Die Menge der natürlichen Zahlen, {0,1,2,...}, ist hinsichtlich Addition keine algebraische Gruppe, da es für kein einziges Element zi die additive Inverse InvA(zi)=zi gibt.

(3)  Die begrenzte natürliche Zahlenmenge, {0,1,2,...,q1}, erfüllt dagegen dann die Bedingungen an eine Gruppe (G,+), wenn man die Addition modulo q definiert.

(4)  Dagegen ist {1,2,3,...,q} keine Gruppe, da das neutrale Element der Addition (NA=0) fehlt.


Definition und Beispiele eines algebraischen Rings


Entsprechend der Übersichtsgrafik kommt man von der Gruppe (G,+) durch Definition einer zweiten Rechenoperation – der Multiplikation („”) – zum Ring (R,+,). Man benötigt hierfür also neben einer Additionstabelle auch eine Multiplikationstabelle.

Definition:  Eine algebraischer Ring (R,+,) ist eine Teilmenge RGM) zusammen mit zwei in dieser Menge definierten Rechenoperationen, der Addition („+”) und der Multiplikation („·”). Dabei müssen die folgenden Eigenschaften erfüllt werden:

  • Hinsichtlich der Addition ist der Ring(R,+,) eine Abelsche Gruppe (G,+).
  • Zusätzlich gilt für alle zi,zjR auch (zizj)R   ⇒   Closure–Kriterium für „”.
  • Es gibt stets auch ein hinsichtlich der Multiplikation neutrales Element NMR, so dass für alle ziR gilt:   ziNM=zi. Bei einer Zahlengruppe ist stets NM=1.
  • Für alle zi,zj,zkR gilt:   zi+(zj+zk)=(zi+zj)+zk   ⇒   Assoziativgesetz für „”.
  • Für alle zi,zj,zkR gilt:   zi(zj+zk)=zizj+zizk   ⇒   Distributivgesetz für „”.


Weiter sollen die folgenden Vereinbarungen gelten:

  • Ein Ring (R,+,) ist nicht notwendigerweise kommutativ. Gilt tatsächlich auch für alle Elemente zi,zjR das Kommutativgesetz zizj=zjzi hinsichtlich der Multiplikation, so spricht man in der Fachliteratur von einem kommutativen Ring.
  • Existiert für jedes Element ziR mit Ausnahme von NA (neutrales Element der Addition, Nullelement) ein hinsichtlich der Multiplikation inverses Element InvM(zi), so dass ziInvM(zi)=1 gilt, so liegt ein Divisionsring (englisch: Division Ring) vor.
  • Der Ring ist nullteilerfrei (englisch: free of zero devisors), wenn aus zizj=0 zwingend zi=0 oder zj=0 folgt. In der abstrakten Algebra ist ein Nullteiler eines Ringes ein vom Nullelement verschiedenes Element zi, falls es ein Element zj0 gibt, so dass das Produkt zizj=0 ist.
  • Ein kommutativer nullteilerfreier Ring wird als Integritätsring oder Integritätsbereich (englisch: Integral Domain) bezeichnet.

Fazit: 

Vergleicht man die Definitionen von Gruppe, Ring (siehe oben), Körper und Galoisfeld, so erkennt man, dass ein Galoisfeld GF(q)

  • ein endlicher Körper (englisch: Field ) mit q Elementen ist,
  • gleichzeitig als Commutative Division Ring aufgefasst werden kann, und auch
  • einen Integritätsbereich (englisch: Integral Domain ) beschreibt.



Aufgaben zum Kapitel


Aufgabe 2.1: Gruppe, Ring, Körper

Aufgabe 2.1Z: Welche Tabellen beschreiben Gruppen?

Aufgabe 2.2: Eigenschaften von Galoisfeldern

Aufgabe 2.2Z: Galoisfeld GF(5)

Quellenverzeichnis

  1. Friedrichs, B.: Kanalcodierung – Grundlagen und Anwendungen in modernen Kommunikationssystemen. Berlin – Heidelberg: Springer, 1996.
  2. Kötter, R.; Mayer, T.; Tüchler, M.; Schreckenbach, F.; Brauchle, J.: Channel Coding. Vorlesungsmanuskript, Lehrstuhl für Nachrichtentechnik, TU München, 2008.