Difference between revisions of "Digital Signal Transmission/Error Probability with Intersymbol Interference"
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− | Definition: Als eine sehr einfache Näherung für die tatsächliche Fehlerwahrscheinlichkeit pS | + | Definition: Als eine sehr einfache Näherung für die tatsächliche Fehlerwahrscheinlichkeit pS |
− | verwendet man häufig die '''ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit''' (englisch: <i>Worst-Case Error Probability</i>) | + | verwendet man häufig die '''ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit''' (englisch: <i>Worst-Case Error Probability</i>) |
[[File:P ID1379 Dig T 3 2 S4 version1.png|right|frame|Zusammenhang zwischen mittlerer und ungünstigster Fehlerwahrscheinlichkeit|class=fit]] | [[File:P ID1379 Dig T 3 2 S4 version1.png|right|frame|Zusammenhang zwischen mittlerer und ungünstigster Fehlerwahrscheinlichkeit|class=fit]] | ||
:$$p_{\rm U} = {\rm Q} \left( \frac{\ddot{o}(T_{\rm D})/2}{ \sigma_d} | :$$p_{\rm U} = {\rm Q} \left( \frac{\ddot{o}(T_{\rm D})/2}{ \sigma_d} | ||
\right) \hspace{0.05cm}.$$ | \right) \hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | + | Für deren Berechnung wird stets von den ungünstigsten Symbolfolgen ausgegangen. Das bedeutet: | |
+ | *Die tatsächliche WDF der Nutzabtastwerte (linke Grafik: sechs rote Diracs) wird durch eine vereinfachte WDF mit nur den inneren Diracfunktionen (rechte Grafik: zwei grüne Diracs) ersetzt.<br> | ||
− | + | *Für die halbe vertikale Augenöffnung gilt mit den Grundimpulswerten gν=gd(TD+ν⋅T) allgemein: | |
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− | *Für die halbe vertikale Augenöffnung gilt mit den Grundimpulswerten gν=gd(TD+ν⋅T) allgemein: | ||
:¨o(TD)/2=g0−n∑ν=1|gν|−v∑ν=1|g−ν|.}} | :¨o(TD)/2=g0−n∑ν=1|gν|−v∑ν=1|g−ν|.}} | ||
Diese Gleichung kann wie folgt interpretiert werden: | Diese Gleichung kann wie folgt interpretiert werden: | ||
− | *g0=gd(TD) ist der so genannte ''Hauptwert'' des Grundimpulses. Bei Nyquistsystemen gilt stets ¨o(TD)/2=g0. Im Folgenden wird (meist) TD=0 gesetzt.<br> | + | *g0=gd(TD) ist der so genannte ''Hauptwert'' des Grundimpulses. Bei Nyquistsystemen gilt stets ¨o(TD)/2=g0. Im Folgenden wird (meist) TD=0 gesetzt.<br> |
− | *Die erste Summe beschreibt die Impulsinterferenzen der n ''Nachläufer'' vorangegangener Impulse. Stillschweigend vorausgesetzt wird gν=0 für ν>n.<br> | + | *Die erste Summe beschreibt die Impulsinterferenzen der n ''Nachläufer'' vorangegangener Impulse. Stillschweigend vorausgesetzt wird gν=0 für ν>n.<br> |
− | *Die zweite Summe berücksichtigt den Einfluss der v ''Vorläufer'' nachfolgender Impulse unter der Voraussetzung g−ν=0 für ν>v.<br> | + | *Die zweite Summe berücksichtigt den Einfluss der v ''Vorläufer'' nachfolgender Impulse unter der Voraussetzung g−ν=0 für ν>v.<br> |
− | *Sind alle Impulsvor– und –nachläufer positiv, so lauten die beiden ungünstigsten Symbolfolgen „...−1,−1,+1,−1,−1...” und „...+1,+1,−1,+1,+1...” (Koeffizient aν=0 kursiv). | + | *Sind alle Impulsvor– und –nachläufer positiv, so lauten die beiden ungünstigsten Symbolfolgen „...−1,−1,+1,−1,−1...” und „...+1,+1,−1,+1,+1...” (der Koeffizient aν=0 ist jeweils kursiv). Diese Angaben treffen zum Beispiel für das hier betrachtete gaußförmige Empfangsfilter zu.<br> |
*Sind einige Grundimpulswerte negativ, so wird dies in obiger Gleichung durch die Betragsbildung berücksichtigt. Es ergeben sich dann andere „Worst–Case”–Folgen als gerade genannt.<br> | *Sind einige Grundimpulswerte negativ, so wird dies in obiger Gleichung durch die Betragsbildung berücksichtigt. Es ergeben sich dann andere „Worst–Case”–Folgen als gerade genannt.<br> | ||
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− | Beispiel 5: Die Grafik zeigt die Fehlerwahrscheinlichkeiten des AWGN–Kanals in Abhängigkeit des Quotienten EB/N0, nämlich | + | Beispiel 5: Die Grafik zeigt die Fehlerwahrscheinlichkeiten des AWGN–Kanals in Abhängigkeit des (logarithmierten) Quotienten EB/N0, nämlich |
− | *die mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit pS bei gaußförmigem Empfangsfilter (blaue Kreise),<br> | + | *die mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit pS bei gaußförmigem Empfangsfilter (blaue Kreise),<br> |
− | *die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit pU bei gaußförmigem Empfangsfilter (blaue Rechtecke),<br> | + | *die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit pU bei gaußförmigem Empfangsfilter (blaue Rechtecke),<br> |
− | *die kleinstmögliche Fehlerwahrscheinlichkeit gemäß der Seite [[Digitalsignalübertragung/Fehlerwahrscheinlichkeit_bei_Basisbandübertragung#Optimaler_Bin.C3.A4rempf.C3.A4nger_-_Realisierung_mit_Matched-Filter| Optimaler Binärempfänger]] (rote Kurve).<br><br> | + | *die kleinstmögliche Fehlerwahrscheinlichkeit gemäß der Seite [[Digitalsignalübertragung/Fehlerwahrscheinlichkeit_bei_Basisbandübertragung#Optimaler_Bin.C3.A4rempf.C3.A4nger_-_Realisierung_mit_Matched-Filter| Optimaler Binärempfänger]] (rote Kurve).<br><br> |
− | Die Energie pro Bit ist dabei gleich EB=s20⋅T (NRZ–Rechteck–Sendeimpulse).<br> | + | Die Energie pro Bit ist dabei gleich EB=s20⋅T (NRZ–Rechteck–Sendeimpulse).<br> |
− | [[File:P ID1385 Dig T 3 2 S4b version2.png|center|frame|Mittlere und ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit vs. | + | [[File:P ID1385 Dig T 3 2 S4b version2.png|center|frame|Mittlere und ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit vs. $E_{\rm B}/N-0$|class=fit]]<br> |
− | Die linke Grafik gilt für die (normierte) Grenzfrequenz fG⋅T=0.4, die rechte für ein breitbandigeres Empfangsfilter mit fG⋅T=0.8. | + | Die linke Grafik gilt für die (normierte) Grenzfrequenz fG⋅T=0.4, die rechte für ein breitbandigeres Empfangsfilter mit fG⋅T=0.8. Die Ergebnisse können wie folgt interpretiert werden: |
− | *Die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit pU ist stets eine obere Schranke für die tatsächliche Symbolfehlerwahrscheinlichkeit pS. Je kleiner der Einfluss der Impulsinterferenzen ist (große Grenzfrequenz), um so näher liegen pS und pU zusammen. Beim Optimalempfänger gilt pS=pU. | + | *Die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit pU ist stets eine obere Schranke für die tatsächliche Symbolfehlerwahrscheinlichkeit pS. Je kleiner der Einfluss der Impulsinterferenzen ist (große Grenzfrequenz), um so näher liegen pS und pU zusammen. Beim Optimalempfänger gilt pS=pU. |
− | *Bei gaußförmigem Empfangsfilter mit fG⋅T≥0.3 werden die Impulsinterferenzen allein durch die Nachbarimpulse hervorgerufen (g2=g3=...≈0), so dass für pS auch eine untere Schranke angegeben werden kann: | + | *Bei gaußförmigem Empfangsfilter mit fG⋅T≥0.3 werden die Impulsinterferenzen allein durch die Nachbarimpulse hervorgerufen (g2=g3=...≈0), so dass für pS auch eine untere Schranke angegeben werden kann: |
:$${p_{\rm U} }/{ 4} \le p_{\rm S} \le p_{\rm U} | :$${p_{\rm U} }/{ 4} \le p_{\rm S} \le p_{\rm U} | ||
\hspace{0.05cm}.$$ | \hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | *Die starken Impulsinterferenzen eines gaußförmigen Empfangsfilters mit fG⋅T=0.4 führen dazu, dass gegenüber dem Optimalempfänger ein um 6 dB größeres EB/N0 aufgewendet werden muss (vierfache Leistung), damit die Fehlerwahrscheinlichkeit den Wert 10−8 nicht überschreitet.<br> | + | *Die starken Impulsinterferenzen eines gaußförmigen Empfangsfilters mit fG⋅T=0.4 führen dazu, dass gegenüber dem Optimalempfänger ein um 6 dB größeres EB/N0 aufgewendet werden muss (vierfache Leistung), damit die Fehlerwahrscheinlichkeit den Wert 10−8 nicht überschreitet.<br> |
− | *Der horizontale Abstand zwischen der blauen pS–Kurve (markiert durch Kreise) und der roten Vergleichskurve ist aber nicht konstant. Bei pS=10−2 beträgt der Abstand nur 4 dB.<br> | + | *Der horizontale Abstand zwischen der blauen pS–Kurve (markiert durch Kreise) und der roten Vergleichskurve ist aber nicht konstant. Bei pS=10−2 beträgt der Abstand nur 4 dB.<br> |
− | *Die rechte Grafik zeigt, dass mit fG⋅T=0.8 der Abstand zum Vergleichssystem weniger als 1 dB beträgt. Auf der nächsten Seite wird gezeigt, dass bei einem gaußförmigen Empfangsfilter die (normierte) Grenzfrequenz fG⋅T≈0.8 das Optimum darstellt.}}<br> | + | *Die rechte Grafik zeigt, dass mit fG⋅T=0.8 der Abstand zum Vergleichssystem weniger als 1 dB beträgt. Auf der nächsten Seite wird gezeigt, dass bei einem gaußförmigen Empfangsfilter die (normierte) Grenzfrequenz fG⋅T≈0.8 das Optimum darstellt.}}<br> |
== Optimierung der Grenzfrequenz== | == Optimierung der Grenzfrequenz== | ||
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[[File:P ID1380 Dig T 3 2 S5 version1.png|right|frame|SNR in Abhängigkeit der Grenzfrequenz eines Gaußtiefpasses|class=fit]] | [[File:P ID1380 Dig T 3 2 S5 version1.png|right|frame|SNR in Abhängigkeit der Grenzfrequenz eines Gaußtiefpasses|class=fit]] | ||
Für die Systemoptimierung und den Systemvergleich erweist es sich als zweckmäßig, | Für die Systemoptimierung und den Systemvergleich erweist es sich als zweckmäßig, | ||
− | *anstelle der ''ungünstigsten Fehlerwahrscheinlichkeit'' pU | + | *anstelle der ''ungünstigsten Fehlerwahrscheinlichkeit'' pU |
− | *das ''ungünstigste Signal–zu–Rausch–Leistungsverhältnis'' (S/N-Verhältnis) zu verwenden: | + | *das ''ungünstigste Signal–zu–Rausch–Leistungsverhältnis'' (S/N-Verhältnis) zu verwenden: |
:ρU=[¨o(TD)]2/σ2d. | :ρU=[¨o(TD)]2/σ2d. | ||
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\right) \hspace{0.05cm}.$$ | \right) \hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | Die mittlere Symbolfehlerwahrscheinlichkeit pS kann formal über die Q–Funktion ebenfalls durch ein S/N–Verhältnis ausgedrückt werden: | + | Die mittlere Symbolfehlerwahrscheinlichkeit pS kann formal über die Q–Funktion ebenfalls durch ein S/N–Verhältnis ausgedrückt werden: |
:$$\rho_d = \left[{\rm Q}^{-1} \left( p_{\rm S} | :$$\rho_d = \left[{\rm Q}^{-1} \left( p_{\rm S} | ||
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− | Die Grafik zeigt die beiden Größen ρd und ρU in logarithmischer Form abhängig von der normierten Grenzfrequenz $f_{\rm G} \cdot T | + | Die Grafik zeigt die beiden Größen \rho_d und \rho_{\rm U} in logarithmischer Form abhängig von der normierten Grenzfrequenz f_{\rm G} \cdot T eines gaußförmigen Empfangsfilters, wobei 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} E_{\rm B}/N_0 = 13 \ \rm dB zugrunde liegt. |
− | *Die blau umrandeten Kreise gelten für 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d ⇒ „mittleres” Detektions–SNR,<br> | + | *Die blau umrandeten Kreise gelten für 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d ⇒ „mittleres” Detektions–SNR,<br> |
− | *Die blau umrandeten Quadrate markieren 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_{\rm U} ⇒ „ungünstigstes” SNR. | + | *Die blau umrandeten Quadrate markieren 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_{\rm U} ⇒ „ungünstigstes” SNR. |
− | Zum Vergleich ist als rote horizontale Linie auch das Ergebnis für den [[Digitalsignalübertragung/Fehlerwahrscheinlichkeit_bei_Basisbandübertragung#Optimaler_Bin.C3.A4rempf.C3.A4nger_-_Realisierung_mit_Matched-Filter| optimalen Binärempfänger]] eingezeichnet. Für diesen gilt: | + | Zum Vergleich ist als rote horizontale Linie auch das Ergebnis für den [[Digitalsignalübertragung/Fehlerwahrscheinlichkeit_bei_Basisbandübertragung#Optimaler_Bin.C3.A4rempf.C3.A4nger_-_Realisierung_mit_Matched-Filter| optimalen Binärempfänger]] eingezeichnet. Für diesen gilt: |
:$$\rho_d = \rho_{\rm U} = {2 \cdot E_{\rm B}}/{ N_0}\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} | :$$\rho_d = \rho_{\rm U} = {2 \cdot E_{\rm B}}/{ N_0}\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} | ||
10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d = 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_{\rm U} \approx 16\,{\rm dB} | 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d = 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_{\rm U} \approx 16\,{\rm dB} | ||
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Man erkennt aus der Darstellung: | Man erkennt aus der Darstellung: | ||
− | *Das Optimierungskriterium \rho_d führt zur optimalen Grenzfrequenz f_\text{G, opt} \cdot T = 0.8. Eine kleinere Grenzfrequenz hat stärkere Impulsinterferenzen zur Folge (kleinere Augenöffnung), eine größere Grenzfrequenz bewirkt einen größeren Rauscheffektivwert \sigma_d.<br> | + | *Das Optimierungskriterium \rho_d führt zur optimalen Grenzfrequenz f_\text{G, opt} \cdot T = 0.8. Eine kleinere Grenzfrequenz hat stärkere Impulsinterferenzen zur Folge (kleinere Augenöffnung), eine größere Grenzfrequenz bewirkt einen größeren Rauscheffektivwert \sigma_d.<br> |
− | *Ein solches gaußförmiges Empfangsfilter mit f_\text{G, opt} \cdot T \approx 0.8 führt zum Störabstand 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d \approx 15 \ \rm dB und damit zur Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm S} \approx 10^{-8}. Zum Vergleich: Für den optimalen Empfänger (an den Sender angepasste Impulsantwort) ergeben sich 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d \approx 16 \ \rm dB und p_{\rm S} \approx 10^{-10}.<br> | + | *Ein solches gaußförmiges Empfangsfilter mit f_\text{G, opt} \cdot T \approx 0.8 führt zum Störabstand 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d \approx 15 \ \rm dB und damit zur Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm S} \approx 10^{-8}. Zum Vergleich: Für den optimalen Empfänger (an den Sender angepasste Impulsantwort) ergeben sich 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d \approx 16 \ \rm dB und p_{\rm S} \approx 10^{-10}.<br> |
− | *Die Grafik zeigt aber auch, dass das sehr viel einfachere Optimierungskriterien \rho_{\rm U} (bzw. p_{\rm U} | + | *Die Grafik zeigt aber auch, dass das sehr viel einfachere Optimierungskriterien \rho_{\rm U} $($bzw. $ p_{\rm U})$ näherungsweise zur gleichen optimalen Grenzfrequenz f_\text{G, opt} \cdot T = 0.8 führt. Für diese Grenzfrequenz erhält man 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_{\rm U} \approx 14.7 \ \rm dB sowie die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm U} \approx 3 \cdot 10^{-8}.<br> |
− | *Ist die Grenzfrequenz f_\text{G} \cdot T < 0.27, so ergibt sich für die vertikale Augenöffnung immer \ddot{o}(T_{\rm D}) = 0. Man spricht von einem <i>geschlossenen Auge</i>. Dies hat zur Folge, dass einige ungünstige Impulsfolgen auch ohne Rauschen immer falsch entschieden würden. Es tritt ein systematischer Fehler auf.<br> | + | *Ist die Grenzfrequenz f_\text{G} \cdot T < 0.27, so ergibt sich für die vertikale Augenöffnung immer \ddot{o}(T_{\rm D}) = 0. Man spricht von einem <i>geschlossenen Auge</i>. Dies hat zur Folge, dass einige ungünstige Impulsfolgen auch ohne Rauschen immer falsch entschieden würden. Es tritt ein systematischer Fehler auf.<br> |
− | *Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Optimierungskriterium \rho_{\rm U} auch bei kleinerem E_{\rm B}/N_0 ausreichend ist. Bei einem verzerrungsfreien Kanal ⇒ H_{\rm K}(f) = 1, ergibt sich somit die optimale Grenzfrequenz des Gaußtiefpasses stets zu f_\text{G, opt} \cdot T \approx 0.8, zumindest bei realitätsnaher Betrachtungsweise.<br><br> | + | *Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Optimierungskriterium \rho_{\rm U} auch bei kleinerem E_{\rm B}/N_0 ausreichend ist. Bei einem verzerrungsfreien Kanal ⇒ H_{\rm K}(f) = 1, ergibt sich somit die optimale Grenzfrequenz des Gaußtiefpasses stets zu f_\text{G, opt} \cdot T \approx 0.8, zumindest bei realitätsnaher Betrachtungsweise.<br><br> |
Alle Aussagen dieses Kapitels können mit dem interaktiven Applet [[Applets:Augendiagramm|Augendiagramm und Augenöffnung]] nachvollzogen werden. | Alle Aussagen dieses Kapitels können mit dem interaktiven Applet [[Applets:Augendiagramm|Augendiagramm und Augenöffnung]] nachvollzogen werden. |
Revision as of 18:52, 18 February 2019
Contents
Gaußförmiges Empfangsfilter
Wir gehen von dem skizzierten Blockschaltbild aus. Zur quantitativen Berücksichtigung der Impulsinterferenzen wird folgende Konfiguration angenommen:
- Rechteckförmiger NRZ–Sendegrundimpuls g_s(t) mit der Höhe s_0 und der Dauer T,
- Gaußförmiges Empfangsfilter mit der Grenzfrequenz f_{\rm G} (Hinweis: In diesem Abschnitt bezeichnen wir die Exponentialfunktion oft auch mit \rm exp [ . ]):
- H_{\rm E}(f) = H_{\rm G}(f) = {\rm exp}\left [- \frac{\pi \cdot f^2}{(2f_{\rm G})^2} \right ] \hspace{0.2cm} \bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ \hspace{0.2cm}h_{\rm E}(t) = h_{\rm G}(t) = {\rm exp}\left [- \pi \cdot (2 f_{\rm G} t)^2\right ] \hspace{0.05cm}.
- AWGN–Kanal, das heißt, es gilt H_{\rm K}(f) = 1 und {\it \Phi}_n(f) = N_0/2.
Aufgrund der hier getroffenen Voraussetzungen gilt für den Detektionsgrundimpuls:
- g_d(t) = g_s(t) \star h_{\rm G}(t) = 2 f_{\rm G} \cdot s_0 \cdot \int_{t-T/2}^{t+T/2} {\rm e}^{- \pi \hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} (2 \hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} f_{\rm G}\hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} \tau )^2} \,{\rm d} \tau \hspace{0.05cm}.
Die Integration führt zu folgenden äquivalenten Ergebnissen:
- g_d(t) = s_0 \cdot \big [ {\rm Q} \left ( 2 \cdot \sqrt {2 \pi} \cdot f_{\rm G}\cdot ( t - {T}/{2})\right )- {\rm Q} \left ( 2 \cdot \sqrt {2 \pi} \cdot f_{\rm G}\cdot ( t + {T}/{2} )\right ) \big ],
- g_d(t) = s_0 \cdot\big [ {\rm erfc} \left ( 2 \cdot \sqrt {\pi} \cdot f_{\rm G}\cdot ( t - {T}/{2})\right )- {\rm erfc} \left ( 2 \cdot \sqrt {\pi} \cdot f_{\rm G}\cdot ( t + {T}/{2} )\right ) \big ]\hspace{0.05cm}.
Hierbei sind zwei Varianten der komplementären Gaußschen Fehlerfunktion verwendet, nämlich
- {\rm Q} (x) = \frac{\rm 1}{\sqrt{\rm 2\pi}}\int_{\it x}^{+\infty}\rm e^{\it -u^{\rm 2}/\rm 2}\,d {\it u} \hspace{0.05cm},\hspace{0.5cm} {\rm erfc} (\it x) = \frac{\rm 2}{\sqrt{\rm \pi}}\int_{\it x}^{+\infty}\rm e^{\it -u^{\rm 2}}\,d \it u \hspace{0.05cm}.
Das Modul Komplementäre Gaußsche Fehlerfunktionen liefert die Zahlenwerte von {\rm Q} (x) und 0.5 \cdot {\rm erfc} (x).
Die Rauschleistung am Ausgang des gaußförmigen Empfangsfilters H_{\rm G}(f) ist gleich
- \sigma_d^2 = \frac{N_0}{2} \cdot \int_{-\infty}^{+\infty} |H_{\rm G}(f)|^2 \,{\rm d} f = \frac{N_0\cdot f_{\rm G}}{\sqrt{2}}\hspace{0.05cm}.
Aus diesen beiden Gleichungen erkennt man bereits:
- Je kleiner die Grenzfrequenz f_{\rm G} des Gauß–Tiefpasses ist, desto kleiner ist der Rauscheffektivwert \sigma_d und umso besser ist demzufolge das Rauschverhalten.
- Eine kleine Grenzfrequenz führt aber zu einer starken Abweichung des Detektionsgrundimpulses g_d(t) von der Rechteckform und damit zu Impulsinterferenzen.
\text{Beispiel 1:} Die linke Grafik zeigt den Detektionsgrundimpuls g_d(t) am Ausgang eines Gaußtiefpasses H_{\rm G}(f) mit der Grenzfrequenz f_{\rm G}, wenn am Eingang ein NRZ–Rechteckimpuls (blauer Kurvenverlauf) anliegt.
Man erkennt aus dieser Darstellung:
- Der Gaußtiefpass H_{\rm G}(f) bewirkt, dass der Dektionsimpuls g_d(t) gegenüber dem Sendeimpuls g_s(t) verkleinert und verbreitert wird ⇒ Zeitdispersion.
- Diese Impulsverformung ist umso stärker, je kleiner die Grenzfrequenz f_{\rm G} ist. Beispielsweise wird mit f_{\rm G} \cdot T = 0.4 (rote Kurve) das Impulsmaximum bereits auf etwa 68\% herabgesetzt.
- Im Grenzfall f_{\rm G} \to \infty hat der Gaußtiefpass keine Wirkung ⇒ g_d(t) = g_s(t). Allerdings ist in diesem Fall keinerlei Rauschbegrenzung wirksam, wie aus dem rechten Bild hervorgeht.
\text{Beispiel 2:} Es gelten die gleichen Vorausetzungen wie für das letzte Beispiel. Die Grafik zeigt das Detektionssignal d(t) nach dem Gaußtiefpass (vor dem Entscheider) für zwei verschiedene Grenzfrequenzen, nämlich f_{\rm G} \cdot T = 0.8 und f_{\rm G} \cdot T = 0.4
Dargestellt sind in beiden Diagrammen gleichermaßen (aber als Bildschirmabzug zugegebenermaßen schwer zu erkennen):
- der Anteil d_{\rm S}(\nu \cdot T) ohne Berücksichtigung des Rauschens (blaue Kreise bei den Detektionszeitpunkten),
- das gesamte Detektionssignal d(t) inklusive der Rauschkomponente (gelb),
- das Sendesignal s(t) als Referenzsignal (grün gepunktet in der oberen Grafik; gleichermaßen gültig für die untere Grafik).
Durch einen Vergleich dieser Bilder lassen sich folgende Aussagen verifizieren:
- Mit der Grenzfrequenz f_{\rm G} \cdot T = 0.8 (obere Grafik) ergeben sich zu den Detektionszeitpunkten (bei Vielfachen von T) nur geringfügige Impulsinterferenzen. Durch den Gaußtiefpass werden hier in erster Linie die Ecken des Sendesignals s(t) abgerundet.
- Dagegen sind im unteren Bild (f_{\rm G} \cdot T = 0.4) die Auswirkungen der Impulsinterferenzen deutlich zu erkennen. Zu den Detektionszeitpunkten (\nu \cdot T) kann das blau dargestellte Detektionsnutzsignal d_{\rm S}(\nu \cdot T) sechs verschiedene Werte annehmen (eingezeichnete Rasterlinien).
- Der Rauschanteil d_{\rm N}(t) – erkennbar als Differenz zwischen der gelben Kurve und den blauen Kreisen – ist mit f_{\rm G} \cdot T = 0.8 im statistischen Mittel größer als mit f_{\rm G} \cdot T = 0.4.
- Dieses Ergebnis kann mit der der rechten Grafik von \text{Beispiel 1} erklärt werden, die das Leistungsdichtespektrum der Rauschkomponente d_{\rm N}(t) zeigt:
- {\it \Phi}_{d{\rm N} }(f) = {N_0}/{2} \cdot \vert H_{\rm G}(f) \vert^2 = {N_0}/{2} \cdot {\rm exp}\left [- \frac{2\pi f^2}{(2f_{\rm G})^2} \right ] .
- Das Integral über {\it \Phi}_{d{\rm N} }(f) – also die Rauschleistung \sigma_d^2 – ist für f_{\rm G} \cdot T = 0.8 (violette Kurve) doppelt so groß als mit f_{\rm G} \cdot T = 0.4 (rote Kurve).
Definition und Aussagen des Augendiagramms
Der oben dargelegte Sachverhalt lässt sich auch am Augendiagramm erklären.
\text{Definition:} Unter dem Augendiagramm (Englisch: Eye Pattern) versteht man die Summe aller übereinander gezeichneten Ausschnitte des Detektionssignals, deren Dauer ein ganzzahliges Vielfaches der Symboldauer T ist.
\text{Beispiel 3:} Wir gehen von einem redundanzfreien binären bipolaren NRZ–Rechtecksignal s(t) und dem Gaußtiefpass mit der Grenzfrequenz f_{\rm G} \cdot T = 0.4 aus.
Dargestellt sind die Augendiagramme nach dem Gaußtiefpass,
- links mit Berücksichtigung des Rauschens ⇒ Signal d(t),
- rechts ohne Berücksichtigung des Rauschens ⇒ Signal d_{\rm S}(t).
Dieses Diagramm hat eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Auge, was zu seiner Namensgebung geführt hat.
Diese Darstellung erlaubt wichtige Aussagen über die Qualität eines digitalen Übertragungssystems:
- Nur das Augendiagramm des Signals d(t) kann messtechnisch auf einem Oszilloskop dargestellt werden, das mit dem Taktsignal getriggert wird. Aus diesem Augendiagramm (linke Grafik) kann beispielsweise der Rauscheffektivwert \sigma_d abgelesen – besser gesagt: abgeschätzt – werden.
- Das Augendiagramm ohne Rauschen (rechte Grafik) bezieht sich auf das Detektionsnutzsignal d_{\rm S}(t) und kann nur mittels einer Rechnersimulation ermittelt werden. Für ein realisiertes System ist dieses Augendiagramm nicht darstellbar, da der Rauschanteil d_{\rm N}(t) nicht eliminiert werden kann.
- Bei beiden Diagrammen wurden jeweils 2048 Augenlinien gezeichnet. In der rechten Grafik sind jedoch nur 2^5 = 32 Augenlinien unterscheidbar, da der vorliegende Detektionsgrundimpuls g_d(t) auf den Zeitbereich \vert t\vert \le 2T beschränkt ist (siehe Grafik im \text{Beispiel 1} mit f_{\rm G} \cdot T = 0.4, rote Kurve).
- Die inneren Augenlinien bestimmen die vertikale Augenöffnung \ddot{o}(T_{\rm D}). Je kleiner diese ist, desto größer ist der Einfluss von Impulsinterferenzen. Bei einem (impulsinterferenzfreien) Nyquistsystem ist die vertikale Augenöffnung maximal. Normiert auf die Sendeamplitude gilt dann \ddot{o}(T_{\rm D})/s_0 = 2.
- Bei symmetrischem Grundimpuls ist der Detektionszeitpunkt T_{\rm D} = 0 optimal. Mit einem anderen Wert (zum Beispiel T_{\rm D} = T/10) wäre \ddot{o}(T_{\rm D}) etwas kleiner und damit die Fehlerwahrscheinlichkeit deutlich größer. Dieser Fall ist in der rechten Grafik durch die violett–gestrichelte Vertikale angedeutet.
Mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit
Wir gehen wie bei den bisherigen Grafiken in diesem Kapitel von folgenden Voraussetzungen aus:
- NRZ–Rechtecke mit Amplitude s_0, AWGN–Rauschen mit N_0, wobei
- 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \frac{s_0^2 \cdot T}{N_0}\approx 13\,{\rm dB}\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} \frac{N_0}{s_0^2 \cdot T} = 0.05\hspace{0.05cm}.
- Gaußförmiges Empfangsfilter mit der Grenzfrequenz f_{\rm G} \cdot T = 0.4:
- \sigma_d^2 = \frac{(N_0 /T)\cdot (f_{\rm G}\cdot T)}{\sqrt{2}}= \frac{0.05 \cdot s_0^2\cdot0.4}{\sqrt{2}} \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} \sigma_d = \sqrt{0.0141}\cdot s_0 \approx 0.119 \cdot s_0 \hspace{0.05cm}.
- Es gelte g_d(\nu \cdot T) \approx 0 für |\nu| \ge 2. Die anderen Detektionsgrundimpulswerte sind wie folgt gegeben:
- g_0 = g_d(t=0) \approx 0.68 \cdot s_0, \hspace{0.5cm}g_1 = g_d(t=T) \approx 0.16 \cdot s_0, \hspace{0.2cm} g_{-1} = g_d(t=-T) \approx 0.16 \cdot s_0\hspace{0.05cm}.
Analysieren wir nun die möglichen Werte für das Detektionsnutzsignal d_{\rm S}(t) zu den Detektionszeitpunkten:
- Von den insgesamt 32 Augenlinien schneiden vier Linien die Ordinate (t = 0) bei g_0 + 2 \cdot g_1 = s_0. Diese Linien gehören zu den Amplitudenkoeffizienten „\text{...}\hspace{0.05cm} +\hspace{-0.1cm}1,\hspace{0.05cm} {\it +\hspace{-0.05cm}1},\hspace{0.05cm} +\hspace{-0.05cm}1\hspace{0.05cm} \text{...}”. Kursiv hervorgehoben ist hierbei der „mittlere” Koeffizient a_{\nu = 0}.
- Die vier Augenlinien, die jeweils die Koeffizienten „\text{...}\hspace{0.05cm} -\hspace{-0.1cm}1,\hspace{0.05cm} {\it +\hspace{-0.05cm}1},\hspace{0.05cm} -\hspace{-0.05cm}1,\hspace{0.05cm} \text{...}” repräsentieren, ergeben den Nutzabtastwert d_{\rm S}(T_{\rm D} = 0) =g_0 - 2 \cdot g_1 = 0.36 \cdot s_0.
- Dagegen tritt der Nutzabtastwert d_{\rm S}(T_{\rm D} = 0) =g_0 = 0.68 \cdot s_0 doppelt so häufig auf. Dieser geht entweder auf die Koeffizienten „\text{...}\hspace{0.05cm} +\hspace{-0.1cm}1,\hspace{0.05cm} {\it +\hspace{-0.05cm}1},\hspace{0.05cm} -\hspace{-0.05cm}1\hspace{0.05cm} \text{...}” oder auf „\text{...}\hspace{0.05cm} -\hspace{-0.1cm}1,\hspace{0.05cm} {\it +\hspace{-0.05cm}1},\hspace{0.05cm} +\hspace{-0.05cm}1\hspace{0.05cm} \text{...}” zurück.
- Für die 16 Augenlinien, welche die Ordinate T_{\rm D} = 0 unterhalb der Entscheiderschwelle E = 0 schneiden, ergeben sich genau spiegelbildliche Verhältnisse.
Die möglichen Werte d_{\rm S}(T_{\rm D}) und deren Auftrittswahrscheinlichkeiten findet man in obiger Grafik auf der linken Seite in der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (WDF) der Detektionsnutzabtastwerte wieder:
- f_{d{\rm S}}(d_{\rm S}) = {1}/{8} \cdot \delta (d_{\rm S} - s_0)+ {1}/{4} \cdot \delta (d_{\rm S} - 0.68 \cdot s_0)+ {1}/{8} \cdot \delta (d_{\rm S} - 0.36 \cdot s_0)+
\hspace{2.15cm} + \hspace{0.2cm} {1}/{8} \cdot \delta (d_{\rm S} + s_0)+{1}/{4} \cdot \delta (d_{\rm S} + 0.68 \cdot s_0)+{1}/{8} \cdot \delta (d_{\rm S} + 0.36 \cdot s_0)\hspace{0.05cm}.
Damit kann die (mittlere) Symbolfehlerwahrscheinlichkeit des impulsinterferenzbehafteten Systems angegeben werden. Unter Ausnutzung der Symmetrie erhält man mit \sigma_d/s_0 = 0.119:
- p_{\rm S} = {1}/{4} \cdot {\rm Q} \left( \frac{s_0}{ \sigma_d} \right)+ {1}/{2} \cdot {\rm Q} \left( \frac{0.68 \cdot s_0}{ \sigma_d} \right)+{1}/{4} \cdot {\rm Q} \left( \frac{0.36 \cdot s_0}{ \sigma_d} \right)
- \Rightarrow \hspace{0.3cm}p_{\rm S} \approx {1}/{4} \cdot {\rm Q}(8.40) +{1}/{2} \cdot {\rm Q}(5.71)+ {1}/{4} \cdot {\rm Q}(3.02)\approx {1}/{4} \cdot 2.20 \cdot 10^{-17}+ {1}/{2} \cdot 1.65 \cdot 10^{-9}+ {1}/{4} \cdot 1.26 \cdot 10^{-3} \approx 3.14 \cdot 10^{-4} \hspace{0.05cm}.
\text{Fazit:} Anhand dieses Zahlenbeispiels erkennt man:
- Bei Vorhandensein von Impulsinterferenzen wird die (mittlere) Symbolfehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm S} im Wesentlichen durch die inneren Augenlinien bestimmt.
- Der Rechenaufwand zur Bestimmung der Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm S} kann sehr groß werden, insbesondere dann, wenn die Impulsinterferenzen von sehr vielen Grundimpulswerten g_\nu herrühren.
\text{Beispiel 4:}
- Sind die Grundimpulswerte g_{-5}, \text{...} \ , g_{+5} von Null verschieden und E \ne 0, so ist zur Bestimmung der Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm S} eine Mittelung über 2^{11} = 2048 Augenlinien erforderlich.
- Sind dagegen nur die Grundimpulswerte g_{-1}, \ g_0, \ g_{+1} von Null verschieden und wird zudem die Symmetrie bezüglich der Schwelle E = 0 berücksichtigt, so reduziert sich der Aufwand auf die Mittelung über vier Terme.
- Gilt zusätzlich die Symmetrie g_{-1} = g_{+1} wie bei den obigen Zahlenwerten, so kann auch die Symmetrie bezüglich T_{\rm D} ausgenutzt werden und es genügt die Mittelung über drei Terme.
Ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit
In der Vergangenheit wurden eine Vielzahl von Näherungen für die mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit angegeben, unter Anderem:
\text{Definition:} Als eine sehr einfache Näherung für die tatsächliche Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm S} verwendet man häufig die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit (englisch: Worst-Case Error Probability)
- p_{\rm U} = {\rm Q} \left( \frac{\ddot{o}(T_{\rm D})/2}{ \sigma_d} \right) \hspace{0.05cm}.
Für deren Berechnung wird stets von den ungünstigsten Symbolfolgen ausgegangen. Das bedeutet:
- Die tatsächliche WDF der Nutzabtastwerte (linke Grafik: sechs rote Diracs) wird durch eine vereinfachte WDF mit nur den inneren Diracfunktionen (rechte Grafik: zwei grüne Diracs) ersetzt.
- Für die halbe vertikale Augenöffnung gilt mit den Grundimpulswerten g_\nu = g_d( T_{\rm D}+ \nu \cdot T) allgemein:
- \ddot{o}(T_{\rm D})/{ 2}= g_0 - \sum_{\nu = 1}^{n} \vert g_{\nu} \vert- \sum_{\nu = 1}^{v} \vert g_{-\nu} \vert \hspace{0.05cm}.
Diese Gleichung kann wie folgt interpretiert werden:
- g_0 = g_d( T_{\rm D}) ist der so genannte Hauptwert des Grundimpulses. Bei Nyquistsystemen gilt stets \ddot{o}(T_{\rm D})/{ 2}= g_0. Im Folgenden wird (meist) T_{\rm D}= 0 gesetzt.
- Die erste Summe beschreibt die Impulsinterferenzen der n Nachläufer vorangegangener Impulse. Stillschweigend vorausgesetzt wird g_\nu = 0 für \nu \gt n.
- Die zweite Summe berücksichtigt den Einfluss der v Vorläufer nachfolgender Impulse unter der Voraussetzung g_{-\nu} = 0 für \nu \gt v.
- Sind alle Impulsvor– und –nachläufer positiv, so lauten die beiden ungünstigsten Symbolfolgen „\text{...}\hspace{0.05cm} -\hspace{-0.1cm}1,\hspace{0.05cm} -\hspace{-0.05cm}1,\hspace{0.05cm} {\it +\hspace{-0.05cm}1},\hspace{0.05cm} -\hspace{-0.05cm}1,\hspace{0.05cm} -\hspace{-0.05cm}1\hspace{0.05cm} \text{...}” und „\text{...}\hspace{0.05cm} +\hspace{-0.1cm}1,\hspace{0.05cm} +\hspace{-0.05cm}1,\hspace{0.05cm} {\it -\hspace{-0.05cm}1},\hspace{0.05cm} +\hspace{-0.05cm}1,\hspace{0.05cm} +\hspace{-0.05cm}1\hspace{0.05cm} \text{...}” (der Koeffizient a_{\nu = 0} ist jeweils kursiv). Diese Angaben treffen zum Beispiel für das hier betrachtete gaußförmige Empfangsfilter zu.
- Sind einige Grundimpulswerte negativ, so wird dies in obiger Gleichung durch die Betragsbildung berücksichtigt. Es ergeben sich dann andere „Worst–Case”–Folgen als gerade genannt.
\text{Beispiel 5:} Die Grafik zeigt die Fehlerwahrscheinlichkeiten des AWGN–Kanals in Abhängigkeit des (logarithmierten) Quotienten E_{\rm B}/N_0, nämlich
- die mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm S} bei gaußförmigem Empfangsfilter (blaue Kreise),
- die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm U} bei gaußförmigem Empfangsfilter (blaue Rechtecke),
- die kleinstmögliche Fehlerwahrscheinlichkeit gemäß der Seite Optimaler Binärempfänger (rote Kurve).
Die Energie pro Bit ist dabei gleich E_{\rm B} = s_0^2 \cdot T (NRZ–Rechteck–Sendeimpulse).
Die linke Grafik gilt für die (normierte) Grenzfrequenz f_{\rm G} \cdot T = 0.4, die rechte für ein breitbandigeres Empfangsfilter mit f_{\rm G} \cdot T = 0.8. Die Ergebnisse können wie folgt interpretiert werden:
- Die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm U} ist stets eine obere Schranke für die tatsächliche Symbolfehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm S}. Je kleiner der Einfluss der Impulsinterferenzen ist (große Grenzfrequenz), um so näher liegen p_{\rm S} und p_{\rm U} zusammen. Beim Optimalempfänger gilt p_{\rm S} = p_{\rm U}.
- Bei gaußförmigem Empfangsfilter mit f_{\rm G} \cdot T \ge 0.3 werden die Impulsinterferenzen allein durch die Nachbarimpulse hervorgerufen (g_2 = g_3 = \text{...} \approx 0), so dass für p_{\rm S} auch eine untere Schranke angegeben werden kann:
- {p_{\rm U} }/{ 4} \le p_{\rm S} \le p_{\rm U} \hspace{0.05cm}.
- Die starken Impulsinterferenzen eines gaußförmigen Empfangsfilters mit f_{\rm G} \cdot T = 0.4 führen dazu, dass gegenüber dem Optimalempfänger ein um 6 \ \rm dB größeres E_{\rm B}/N_0 aufgewendet werden muss (vierfache Leistung), damit die Fehlerwahrscheinlichkeit den Wert 10^{-8} nicht überschreitet.
- Der horizontale Abstand zwischen der blauen p_{\rm S}–Kurve (markiert durch Kreise) und der roten Vergleichskurve ist aber nicht konstant. Bei p_{\rm S} = 10^{-2} beträgt der Abstand nur 4 \ \rm dB.
- Die rechte Grafik zeigt, dass mit f_{\rm G} \cdot T = 0.8 der Abstand zum Vergleichssystem weniger als 1 \ \rm dB beträgt. Auf der nächsten Seite wird gezeigt, dass bei einem gaußförmigen Empfangsfilter die (normierte) Grenzfrequenz f_{\rm G} \cdot T \approx 0.8 das Optimum darstellt.
Optimierung der Grenzfrequenz
Für die Systemoptimierung und den Systemvergleich erweist es sich als zweckmäßig,
- anstelle der ungünstigsten Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm U}
- das ungünstigste Signal–zu–Rausch–Leistungsverhältnis (S/N-Verhältnis) zu verwenden:
- \rho_{\rm U} = [\ddot{o}(T_{\rm D})]^2/ \sigma_d^2.
Bei Gaußscher Störung besteht folgender Zusammenhang:
- p_{\rm U} = {\rm Q} \left( \sqrt{\rho_{\rm U}} \right) \hspace{0.05cm}.
Die mittlere Symbolfehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm S} kann formal über die Q–Funktion ebenfalls durch ein S/N–Verhältnis ausgedrückt werden:
- \rho_d = \left[{\rm Q}^{-1} \left( p_{\rm S} \right)\right]^2 \hspace{0.05cm}.
Die Grafik zeigt die beiden Größen \rho_d und \rho_{\rm U} in logarithmischer Form abhängig von der normierten Grenzfrequenz f_{\rm G} \cdot T eines gaußförmigen Empfangsfilters, wobei 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} E_{\rm B}/N_0 = 13 \ \rm dB zugrunde liegt.
- Die blau umrandeten Kreise gelten für 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d ⇒ „mittleres” Detektions–SNR,
- Die blau umrandeten Quadrate markieren 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_{\rm U} ⇒ „ungünstigstes” SNR.
Zum Vergleich ist als rote horizontale Linie auch das Ergebnis für den optimalen Binärempfänger eingezeichnet. Für diesen gilt:
- \rho_d = \rho_{\rm U} = {2 \cdot E_{\rm B}}/{ N_0}\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d = 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_{\rm U} \approx 16\,{\rm dB} \hspace{0.05cm}.
Man erkennt aus der Darstellung:
- Das Optimierungskriterium \rho_d führt zur optimalen Grenzfrequenz f_\text{G, opt} \cdot T = 0.8. Eine kleinere Grenzfrequenz hat stärkere Impulsinterferenzen zur Folge (kleinere Augenöffnung), eine größere Grenzfrequenz bewirkt einen größeren Rauscheffektivwert \sigma_d.
- Ein solches gaußförmiges Empfangsfilter mit f_\text{G, opt} \cdot T \approx 0.8 führt zum Störabstand 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d \approx 15 \ \rm dB und damit zur Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm S} \approx 10^{-8}. Zum Vergleich: Für den optimalen Empfänger (an den Sender angepasste Impulsantwort) ergeben sich 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d \approx 16 \ \rm dB und p_{\rm S} \approx 10^{-10}.
- Die Grafik zeigt aber auch, dass das sehr viel einfachere Optimierungskriterien \rho_{\rm U} (bzw. p_{\rm U}) näherungsweise zur gleichen optimalen Grenzfrequenz f_\text{G, opt} \cdot T = 0.8 führt. Für diese Grenzfrequenz erhält man 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_{\rm U} \approx 14.7 \ \rm dB sowie die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit p_{\rm U} \approx 3 \cdot 10^{-8}.
- Ist die Grenzfrequenz f_\text{G} \cdot T < 0.27, so ergibt sich für die vertikale Augenöffnung immer \ddot{o}(T_{\rm D}) = 0. Man spricht von einem geschlossenen Auge. Dies hat zur Folge, dass einige ungünstige Impulsfolgen auch ohne Rauschen immer falsch entschieden würden. Es tritt ein systematischer Fehler auf.
- Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Optimierungskriterium \rho_{\rm U} auch bei kleinerem E_{\rm B}/N_0 ausreichend ist. Bei einem verzerrungsfreien Kanal ⇒ H_{\rm K}(f) = 1, ergibt sich somit die optimale Grenzfrequenz des Gaußtiefpasses stets zu f_\text{G, opt} \cdot T \approx 0.8, zumindest bei realitätsnaher Betrachtungsweise.
Alle Aussagen dieses Kapitels können mit dem interaktiven Applet Augendiagramm und Augenöffnung nachvollzogen werden.
Aufgaben zum Kapitel
Aufgabe 3.2: Augendiagramm nach Gaußtiefpass
Aufgabe 3.2Z: Optimale Grenzfrequenz bei Gauß-Tiefpass