Exercise 4.1: Log Likelihood Ratio

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Betrachtete Kanalmodelle

Zur Interpretation von Log–Likelihood–Verhältnissen (kurz $L$–Werten) gehen wir wie im Theorieteil vom Binary Symmetric Channel (BSC) aus. Die englische Bezeichung ist Log Likelihood Ratio (LLR).

Für die binären Zufallsgrößen am Eingang und Ausgang gelte

$$x \in \{0\hspace{0.05cm}, 1\} \hspace{0.05cm},\hspace{0.25cm}y \in \{0\hspace{0.05cm}, 1\} \hspace{0.05cm}. $$

Dieses Modell ist in der oberen Grafik dargestellt und wird im Folgenden als Modell A bezeichnet. Für die bedingten Wahrscheinlichkeiten in Vorwärtsrichtung gilt:

$${\rm Pr}(y = 1\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} x = 0) \hspace{-0.2cm} \ = \ \hspace{-0.2cm} {\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} x = 1) = \varepsilon \hspace{0.05cm},$$
$${\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} x = 0) \hspace{-0.2cm} \ = \ \hspace{-0.2cm} {\rm Pr}(y = 1\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} x = 1) = 1-\varepsilon \hspace{0.05cm}.$$

Die Verfälschungswahrscheinlichkeit $\epsilon$ ist der entscheidende Parameter des BSC–Modells.

Bezüglich der Wahrscheinlichkeitsverteilung am Eingang ist es zweckmäßig, anstelle der Wahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(x = 0)$ und ${\rm Pr}(x = 1)$ das Log Likelihood Ratio (LLR) zu betrachten.

Für dieses gilt bei der hier verwendeten unipolaren Betrachtungsweise per Definition:

$$L_{\rm A}(x)={\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(x = 0)}{{\rm Pr}(x = 1)}\hspace{0.05cm},$$

wobei der Index „A” auf die Apriori–Wahrscheinlichkeit hinweist.

Beispielsweise ergibt sich für ${\rm Pr}(x = 0) = 0.2 \ \Rightarrow \ {\rm Pr}(x = 1) = 0.8$ das Apriori–LLR $L_{\rm A}(x) = \, –1.382$.

Aus dem BSC–Modell lässt sich zudem der $L$–Wert der bedingten Wahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(y|x)$ in Vorwärtsrichtung ermitteln, der in der vorliegenden Aufgabe auch mit $L_{\rm V}(y)$ bezeichnet wird:

$$L_{\rm V}(y) = L(y\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x) = {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(y\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x = 0)}{{\rm Pr}(y\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x = 1)} = \left\{ \begin{array}{c} {\rm ln} \hspace{0.15cm} [(1 - \varepsilon)/\varepsilon]\\ {\rm ln} \hspace{0.15cm} [\varepsilon/(1 - \varepsilon)] \end{array} \right.\hspace{0.15cm} \begin{array}{*{1}c} {\rm f\ddot{u}r} \hspace{0.05cm} y = 0, \\ {\rm f\ddot{u}r} \hspace{0.15cm} y = 1. \\ \end{array}$$

Beispielsweise ergibt sich für $\epsilon = 0.1$:

$$L_{\rm V}(y = 0) = +2.197\hspace{0.05cm}, \hspace{0.3cm}L_{\rm V}(y = 1) = -2.197\hspace{0.05cm}.$$

Von besonderer Bedeutung für die Codierungstheorie sind die Rückschlusswahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(x|y)$, die mit den Vorwärtswahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(y|x)$ sowie den Eingangswahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(x = 0)$ und ${\rm Pr}(x = 1)$ über den Satz von Bayes in Zusammenhang stehen. Der entsprechende $L$–Wert wird in dieser Aufgabe mit $L_{\rm R}(y)$ bezeichnet:

$$L_{\rm R}(y) = L(x\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y) = {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(x = 0)\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y)}{{\rm Pr}(x = 1)\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y)} \hspace{0.05cm} .$$

Hinweise:

  • Die Aufgabe bezieht sich auf die ersten Seiten des Kapitels Soft–in Soft–out Decoder.
  • In den letzten Teilaufgaben ist zu klären, ob die gefundenen Zusammenhänge zwischen $L_{\rm A}, \ L_{\rm V}$ und $L_{\rm R}$ auch auf den unten skizzierten „2–auf–$M$–Kanal” übertragen werden können. Hierzu wählen wir für die Eingangssymbole eine bipolare Betrachtungsweise: „$0$” → „$+1$” sowie „$1$” → „$–1$”.
  • Sollte die Eingabe des Zahlenwertes „0” erforderlich sein, so geben Sie bitte „0.” ein.


Fragebogen

1

Wie hängen die bedingten Wahrscheinlichkeiten zweier Zufallsgrößen $A$ und $B$ zusammen?

${\rm Pr}(A | B) = {\rm Pr}(B | A)$,
${\rm Pr}(A | B) = {\rm Pr}(B | A) \cdot {\rm Pr}(B) / {\rm Pr}(A)$,
${\rm Pr}(A | B) = {\rm Pr}(B | A) \cdot {\rm Pr}(A) / {\rm Pr}(B)$.

2

Welche Gleichung gilt für den Binärkanal mit den Wahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(A) = {\rm Pr}(x = 0)$ und ${\rm Pr}(B) = {\rm Pr}(y = 0)$?

${\rm Pr}(x = 0 | y = 0) = {\rm Pr}(y = 0 | x = 0) \cdot {\rm Pr}(x = 0) / {\rm Pr}(y = 0)$,
${\rm Pr}(x = 0 | y = 0) = {\rm Pr}(y = 0 | x = 0) \cdot {\rm Pr}(y = 0) / {\rm Pr}(x = 0)$.

3

Unter welchen Voraussetzungen gilt für das Rückschluss–LLR für alle möglichen Ausgangswerte $y ∈ \{0, \, 1\} \text{:} \, L(x|y) = L(y|x)$ bzw. $L_{\rm R}(y) = L_{\rm V}(y)$?

Für jede beliebige Eingangsverteilung ${\rm Pr}(x = 0), \ {\rm Pr}(x = 1)$.
Nur für die Gleichverteilung: $\hspace{0.2cm} {\rm Pr}(x = 0) = {\rm Pr}(x = 1) = 1/2$.

4

Das Ausgangssymbol sei $y = 1$. Welches Rückschluss–LLR erhält man mit der Verfälschungswahrscheinlichkeit $\epsilon = 0.1$ bei gleichwahrscheinlichen Symbolen?

$\epsilon = 0.1 \text{:} \hspace{0.2cm} L_{\rm R}(y = 1) = L(x | y = 1) \ = \ $

5

Das Ausgangssymbol sei nun $y = 0$. Welches Rückschluss–LLR erhält man für ${\rm Pr}(x = 0) = 0.2$?

$\epsilon = 0.1 \text{:} \hspace{0.2cm} L_{\rm R}(y = 0) = L(x | y = 0) \ = \ $

6

Lässt sich das unter (3) hergeleitete Ergebnis  ⇒  $L_{\rm R} = L_{\rm V} + L_{\rm A}$ auch auf den „2–auf–$M$”Kanal übertragen?

Ja.
Nein.

7

Kann man den Zusammenhang auch auf den AWGN–Kanal übertragen?

Ja.
Nein.


Musterlösung

(1)  Für die bedingten Wahrscheinlichkeiten gilt nach dem Satz von Bayes mit der Schnittmenge $A ∩ B$:

$$\rm Pr(\it B \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} \it A) = \frac{\rm Pr(\it A \cap \it B)}{\rm Pr(\it A)}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.3cm} \rm Pr(\it A \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} \it B) = \frac{\rm Pr(\it A \cap \it B)}{\rm Pr(\it B)}$$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm} \rm Pr(\it A \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} \it B) = \rm Pr(\it B \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} \it A) \cdot \frac{\rm Pr(\it A)}{\rm Pr(\it B)}\hspace{0.05cm}.$$

Richtig ist der Lösungsvorschlag 3. Im Sonderfall ${\rm Pr}(B) = {\rm Pr}(A)$ wäre auch der Vorschlag 1 richtig.


(2)  Mit $A$  ⇒  „$x = 0$” und $B$  ⇒  „$y = 0$” ergibt sich sofort die Gleichung gemäß Lösungsvorschlag 1:

$${\rm Pr}(x = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} y = 0) = {\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} x = 0) \cdot \frac{{\rm Pr}(x = 0)}{{\rm Pr}(y = 0)}\hspace{0.05cm}.$$


(3)  Wir berechnen den $L$–Wert der Rückschlusswahrscheinlichkeiten. Unter der Annahme $y = 0$ gilt:

$$L_{\rm R}(y= 0) \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} L(x\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y= 0) = {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(x = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y=0)}{{\rm Pr}(x = 1\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y=0)} = $$
$$\ = \ \hspace{-0.15cm} {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x=0) \cdot {\rm Pr}(x = 0) / {\rm Pr}(y = 0)}{{\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x = 1)\cdot {\rm Pr}(x = 1) / {\rm Pr}(y = 0)} = $$
$$\ = \ \hspace{-0.15cm} {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x=0) }{{\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x = 1)} + {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(x=0) }{{\rm Pr}(x = 1)}$$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm} L_{\rm R}(y= 0) = L(x\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y= 0) = L_{\rm V}(y= 0) + L_{\rm A}(x)\hspace{0.05cm}.$$

In gleicher Weise ergibt sich unter er Annahme $y = 1$:

$$L_{\rm R}(y= 1) = L(x\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y= 1) = L_{\rm V}(y= 1) + L_{\rm A}(x)\hspace{0.05cm}.$$

Die beiden Ergebnisse lassen sich mit $y ∈ \{0, \, 1\}$ und

  • dem Eingangs–LLR,
$$L_{\rm A}(x) = {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(x=0) }{{\rm Pr}(x = 1)}\hspace{0.05cm},$$
  • sowie dem Vorwärts–LLR,
$$L_{\rm V}(y) = L(y\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x) = {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(y \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x=0) }{{\rm Pr}(y \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x = 1)} \hspace{0.05cm},$$

wie folgt zusammenfassen:

$$L_{\rm R}(y) = L(x\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y) = L_{\rm V}(y) + L_{\rm A}(x)\hspace{0.05cm}.$$

Die Identität $L_{\rm R} &equal; L_{\rm V}(y)$ erfordert $L_{\rm A}(x) = 0$  ⇒  gleichwahrscheinliche Symbole  ⇒  Vorschlag 2.


(4)  Der Aufgabenbeschreibung können Sie entnehmen, dass mit der Verfälschungswahrscheinlichkeit $\epsilon = 0.1$ der Ausgangswert $y = 1$ zum Vorwärts–LLR $L_{\rm V}(y = 1) = \, –2.197$ führt. Wegen ${\rm Pr}(x = 0) = 1/2 \ \Rightarrow \ L_{\rm A}(x) = 0$ gilt somit auch:

$$L_{\rm R}(y = 1) = L_{\rm V}(y = 1) \hspace{0.15cm}\underline{-2.197}\hspace{0.05cm}.$$


(5)  Bei gleicher Verfälschungswahrscheinlichkeit $\epsilon = 0.1$ unterscheidet sich $L_{\rm V}(y = 0)$ von $L_{\rm V}(y = 1)$ nur durch das Vorzeichen. Mit ${\rm Pr}(x = 0) = 0.2 \ \Rightarrow \ L_{\rm A}(x) = \, –1.382$ erhält man somit:

$$L_{\rm R}(y = 0) = (+)2.197 - 1.382 \hspace{0.15cm}\underline{=+0.815}\hspace{0.05cm}.$$


(6)  Wie Sie sicher gerne nachprüfen werden, gilt der Zusammenhang „$L_{\rm R} = L_{\rm V} + L_{\rm A}$” auch für den „2–auf–$M$–Kanal”, unabhängig vom Umfang $M$ des Ausgangsalphabets  ⇒  Antwort Ja.


(7)  Der AWGN–Kanal wird durch den skizzierten „2–auf–$M$–Kanal” mit $M &8594; ∞$ ebenfalls beschrieben  ⇒  Antwort Ja.