Markov Chains

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Betrachtetes Szenario

Wir betrachten nun abschließend den Fall, dass man ein Zufallsexperiment fortlaufend durchführt und dass zu jedem diskreten Zeitpunkt $(ν = 1, 2, 3, ...)$ ein neues Ereignis $E_ν$ eintritt. Hierbei soll gelten: $$E_\nu \in G = \{ E_{\rm 1}, E_{\rm 2}, \hspace{0.1cm}...\hspace{0.1cm}, E_\mu , \hspace{0.1cm}...\hspace{0.1cm}, E_M \}.$$

Diese mathematisch nicht ganz saubere Nomenklatur bedeutet (siehe auch die folgende Grafik):

  • Die $M$ möglichen Ereignisse werden mit dem Laufindex $μ$ durchnummeriert.
  • Der Index $ν$ benennt die diskreten Zeitpunkte, zu denen Entscheidungen gefällt werden.

Mögliche Ereignisse und Ereignisfolge

Zur einfacheren Darstellung beschränken wir uns im Folgenden auf den Fall $M = 2$ mit der Grundmenge $G = \{ A, B \}$.

  • Wir berücksichtigen, dass die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses $E_ν$ durchaus von allen vorherigen Ereignissen abhängen kann – also von $E_{ν–1}, E_{ν–2}, E_{ν–3},$ usw.
  • Es bedeutet auch, dass wir eine Ereignisfolge mit inneren statistischen Bindungen betrachten.

Dieses Szenario ist ein Sonderfall eines zeit- und wertdiskreten Zufallsprozesses, der im Kapitel Zufallsprozesse  noch ausführlich behandelt wird.

Aus einem Kartenstapel mit 32 Karten (darunter 4 Asse) werden nacheinander Karten gezogen. Mit den Ereignissen

  • $A :=$ „die gezogene Karte ist ein Ass”, und
  • $B = \overline{A}:=$ „die gezogene Karte ist kein Ass” lauten die Wahrscheinlichkeiten zum Zeitpunkt $ν = 1$:

$${\rm Pr} (A_{\rm 1}) ={4}/{32}= {1}/{8}, \hspace{0.5cm}{\rm Pr} (B_{\rm 1}) = {28}/{32}= {7}/{8}.$$

Die Wahrscheinlichkeit ${\rm Pr} (A_{\rm 2})$, dass zur Zeit $ν = 2$ ein Ass gezogen wird, hängt nun davon ab,

  • ob zum Zeitpunkt $ν = 1$ ein Ass gezogen wurde ⇒ ${\rm Pr} (A_{\rm 2}) = 3/31 < 1/8$, oder
  • ob zum Zeitpunkt $ν = 1$ kein Ass gezogen wurde ⇒ ${\rm Pr} (A_{\rm 2}) = 4/31 > 1/8$.


Auch die Wahrscheinlichkeiten ${\rm Pr} (A_{\nu})$ zu späteren Zeitpunkten $ν$ hängen stets vom Eintreffen bzw. Nichteintreffen aller vorherigen Ereignisse $E_1, ... ,E_{ν–1}$ ab.

Allgemeine Definition einer Markovkette

In Sonderfällen, die allerdings sehr häufig vorkommen, kann das oben beschriebene Szenario durch eine Markovkette beschrieben werden.

Eine Markovkette $k$-ter Ordnung (englisch: Markov Chain) dient als Modell für zeit- und wertdiskrete Vorgänge, bei denen die Ereigniswahrscheinlichkeiten zur Zeit $ν$ von den vorherigen Ereignissen $E_{ν–1}, ... , E_{ν–k}$ abhängen und durch $M^{k+1}$ bedingte Wahrscheinlichkeiten ausgedrückt werden können. Für $M = 2$ gibt es deshalb $2^{k+1}$ solcher Wahrscheinlichkeiten: $${\rm Pr} ( E_\nu \hspace {0.05cm}| \hspace {0.05cm}E_{\nu {\rm -1 }},\hspace {0.1cm} ...\hspace {0.1cm}, E_{\nu { -k }}) \hspace {0.5cm} {\rm mit}\hspace {0.5cm} E_{\nu }\in \{ A, B \}, \hspace {0.1cm}...\hspace {0.1cm}, E_{\nu { -k }} \in \{ A, B \}.$$


Das nachfolgende Schaubild verdeutlicht diesen Sachverhalt am Beispiel $k = 2$.

Markovkette zweiter Ordnung


Natürliche Sprachen sind oft durch Markovketten beschreibbar, wobei allerdings die Ordnung $k$ gegen Unendlich strebt. Nähert man einen Text lediglich durch eine Markovkette zweiter Ordnung an, so ergibt sich zwar kein sinnvoller Inhalt, aber die Struktur der Sprache ist erkennbar.

Synthetisch erzeugte Texte (deutsch und englisch)

Die Grafik zeigt beispielhaft zwei synthetisch erzeugte Texte:

  • Der linke Text wurde ausgehend von einer deutschen Buchvorlage mit Bindungen bis zu zweiter Ordnung synthetisch erzeugt.
  • Beim rechten Text wurde eine englische Vorlage verwendet.

Man erkennt trotz der Beschränkung $k = 2$ viele (kurze) deutsche bzw. englische Wörter und auch, dass deutsche Wörter im Mittel länger sind als englische.

Markovkette erster Ordnung

Im Folgenden beschränken wir uns stets auf den Sonderfall $k =1$ .

Bei einer Markovkette erster Ordnung (englisch: First Order Markov Chain) wird lediglich die statistische Bindung zum letzten Ereignis berücksichtigt, die in der Praxis meist auch am stärksten ist.

Eine binäre Markovkette erster Ordnung   ⇒   Grundmenge $G = \{ A, B \}$ weist zum Zeitpunkt $\nu$ folgende Ereigniswahrscheinlichkeiten auf: $${\rm Pr}(A_\nu) = {\rm Pr}(A_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A_{\nu - 1}) \cdot {\rm Pr}(A_{\nu - 1}) \hspace{0.1cm} + \hspace{0.1cm} {\rm Pr}(A_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B_{\nu - 1}) \cdot {\rm Pr}(B_{\nu - 1}) ,$$ $${\rm Pr}(B_\nu) = {\rm Pr}(B_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A_{\nu - 1}) \cdot {\rm Pr}(A_{\nu - 1}) \hspace{0.1cm} + \hspace{0.1cm} {\rm Pr}(B_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B_{\nu - 1}) \cdot {\rm Pr}(B_{\nu - 1}) .$$


Zu diesen Gleichungen ist anzumerken:

  • ${\rm Pr}(A_\nu)$ steht als Abkürzung für die Wahrscheinlichkeit, dass $E_ν = A = \overline{B}$ ist.
  • Zu jedem beliebigen Zeitpunkt $ν$ gilt:   ${\rm Pr}(B_\nu) = 1 - {\rm Pr}(A_\nu)$.
  • Es gibt zu jedem Zeitpunkt vier Übergangswahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(E_ν\hspace{0.05cm} |\hspace{0.05cm} E_{ν–1})$, von denen jedoch nur zwei unabhängig sind, denn es gilt:
$${\rm Pr}(B_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A_{\nu - 1}) = 1 - {\rm Pr}(A_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A_{\nu - 1}), \hspace{0.5cm}{\rm Pr}(A_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B_{\nu - 1}) = 1 - {\rm Pr}(B_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B_{\nu - 1}).$$
  • Durch Verallgemeinerung dieser letzten Aussage gelangt man zu dem Ergebnis, dass es bei einer Markovkette mit $M$ Ereignissen zu jedem Zeitpunkt $ν$ genau $M · (M – 1)$ voneinander unabhängige Übergangswahrscheinlichkeiten gibt.


Mit den vorgegebenen Übergangswahrscheinlichkeiten

  • ${\rm Pr}(A_ν\hspace{0.05cm} |\hspace{0.05cm} A_{ν–1}) = 0.2$ und
  • ${\rm Pr}(B_ν\hspace{0.05cm} |\hspace{0.05cm} B_{ν–1}) = 0.4$

sind auch die beiden anderen Übergangswahrscheinlichkeiten eindeutig festgelegt:

$${\rm Pr}(B_ν\hspace{0.05cm} |\hspace{0.05cm} A_{ν–1}) = 1- 0.2 = 0.8 \hspace{0.3cm}\text{und}\hspace{0.3cm} {\rm Pr}(A_ν\hspace{0.05cm} |\hspace{0.05cm} B_{ν–1}) = 1- 0.4 = 0.6.$$

Homogene Markovketten

Eine Anwendbarkeit der Markovketten auf praktische Probleme ist meist nur gegeben, wenn weitere einschränkende Voraussetzungen getroffen werden.

Sind alle Übergangswahrscheinlichkeiten unabhängig vom betrachteten Zeitpunkt $ν$, so bezeichnet man die Markovkette als homogen (englisch: homogeneous). Im Fall $M = 2$ verwenden wir hierfür folgende Abkürzungen: $${\rm Pr}(A \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A) = {\rm Pr}(A_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A_{\nu - 1}) , \hspace{0.5cm} {\rm Pr}(A \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B) = {\rm Pr}(A_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B_{\nu - 1}) ,$$ $${\rm Pr}(B \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A) = {\rm Pr}(B_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A_{\nu - 1}) , \hspace{0.5cm} {\rm Pr}(B \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B) = {\rm Pr}(B_\nu \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B_{\nu - 1}) .$$


Damit lauten die beiden Ereigniswahrscheinlichkeiten einer binären homogenen Markovkette, die im Gegensatz zu den bedingten Übergangswahrscheinlichkeiten absolute Wahrscheinlichkeiten darstellen: $${\rm Pr}(A_\nu) = {\rm Pr}(A \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A) \cdot {\rm Pr}(A_{\nu - 1}) \hspace{0.1cm} + \hspace{0.1cm} {\rm Pr}(A \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B) \cdot {\rm Pr}(B_{\nu - 1}) ,$$ $${\rm Pr}(B_\nu) = {\rm Pr}(B \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A) \cdot {\rm Pr}(A_{\nu - 1}) \hspace{0.1cm} + \hspace{0.1cm} {\rm Pr}(B \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B) \cdot {\rm Pr}(B_{\nu - 1}) .$$

Diesen Zusammenhang kann man auch aus dem nachfolgend dargestellten Markovdiagramm ablesen. Die Summe der abgehenden Pfeile eines Ereignisses ( $A_ν$ bzw. $B_ν$) ergibt sich stets zu $1$.

Homogene Markovkette erster Ordnung

Sie können das „Einschwingverhalten” der Ereigniswahrscheinlichkeiten einer solchen binären Markovkette mit dem folgenden Interaktionsmodul berechnen und anzeigen lassen: Ereigniswahrscheinlichkeiten einer Markovkette erster Ordnung

Stationäre Wahrscheinlichkeiten

Wichtige Eigenschaften von Zufallsprozessen sind Stationarität und Ergodizität. Diese Begriffe werden erst im vierten Kapitel „Zufallsgrößen mit statistischen Bindungen” definiert, hier aber bereits vorausgreifend auf Markovketten angewandt.

Sind bei einer Markovkette neben den Übergangswahrscheinlichkeiten auch alle Ereigniswahrscheinlichkeiten unabhängig vom Zeitpunkt $ν$, so bezeichnet man sie als stationär (englisch: stationary). Man verzichtet dann auf den Index $ν$ und schreibt im binären Fall: $${\rm Pr}(A_\nu ) = {\rm Pr}(A ) \hspace{0.5 cm} {\rm bzw.} \hspace{0.5 cm} {\rm Pr}(B_\nu ) = {\rm Pr}(B).$$ Diese Größen nennt man auch die ergodischen Wahrscheinlichkeiten der Markovkette.


Stationäre Markovketten weisen die nachfolgend genannten Besonderheiten auf:

  • Zur Berechnung der ergodischen Wahrscheinlichkeiten einer binären Markovkette ( $M =$ 2) kann man folgende Gleichungen verwenden:
$${\rm Pr}(A) = {\rm Pr}(A \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A) \cdot {\rm Pr}(A) \hspace{0.1cm} + \hspace{0.1cm} {\rm Pr}(A \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B) \cdot {\rm Pr}(B) ,$$
$${\rm Pr}(B) = {\rm Pr}(B \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A) \cdot {\rm Pr}(A) \hspace{0.1cm} + \hspace{0.1cm} {\rm Pr}(B \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B) \cdot {\rm Pr}(B) .$$
  • Da diese beiden Gleichungen linear voneinander abhängen, darf man nur eine davon benutzen. Als zweite Bestimmungsgleichung kann man beispielsweise ${\rm Pr}(A) + {\rm Pr}(B) = 1$ verwenden.
  • Aus diesen Gleichungen ergeben sich die ergodischen Wahrscheinlichkeiten zu
$${\rm Pr}(A) = \frac {{\rm Pr}(A \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B) }{{\rm Pr}(A \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B) + {\rm Pr}(B \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A) }\hspace{0.1cm}, \hspace{0.5cm}{\rm Pr}(B) = \frac {{\rm Pr}(B \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A) }{{\rm Pr}(A \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B) + {\rm Pr}(B \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A) }.$$


Bei einer stationären Markovkette treten sehr lange nach Einschalten der Kette ( $ν → ∞$) stets die ergodischen Wahrscheinlichkeiten auf, unabhängig von den Startbedingungen ${\rm Pr}(A_0)$ und ${\rm Pr}(B_0) = 1 - {\rm Pr}(A_0)$.

Wir betrachten eine binäre Markovkette mit

  • den beiden Ereignissen $A$ und $B$ und
  • den Übergangswahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(A \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}A) = 0.4$ und ${\rm Pr}(B \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}B) = 0.8$.

Weiterhin setzen wir voraus, dass jede Realisierung dieser Kette zum Startzeitpunkt $ν = 0$ mit dem Ereignis $A$ beginnt. Man erhält dann die nachfolgend aufgelisteten Ereigniswahrscheinlichkeiten (mit drei Nachkommastellen):

Zum Einschwingen der Ereigniswahrscheinlichkeiten

Es handelt sich hier im strengen Sinne um eine nichtstationäre Markovkette, die jedoch schon nach kurzer Zeit (nahezu) eingeschwungen ist:

  • Zu späteren Zeitpunkten ( $ν > 5$) werden die Ereigniswahrscheinlichkeiten ${\rm Pr}(A_ν) = 0.25$ und ${\rm Pr}(B_ν) = 0.75$ nicht mehr gravierend verändert.
  • Aus der Angabe ${\rm Pr}(A_{ν=5}) = 0.250$ und ${\rm Pr}(B_{ν=5}) = 0.750$ sollte allerdings nicht geschlossen werden, dass die Markovkette zum Zeitpunkt $ν = 5$ schon vollkommen eingeschwungen ist. Die exakten Werte sind nämlich ${\rm Pr}(A_{ν=5}) = 0.25024$ und ${\rm Pr}(B_{ν=5}) = 0.74976$.

Matrix-Vektordarstellung

Homogene Markovketten können mit Vektoren und Matrizen sehr kompakt dargestellt werden. Dies empfiehlt sich insbesondere, wenn mehr als zwei Ereignisse betrachtet werden: $$E_\nu \in G = \{ E_{\rm 1}, E_{\rm 2}, \hspace{0.1cm}...\hspace{0.1cm}, E_\mu , \hspace{0.1cm}...\hspace{0.1cm}, E_M \}.$$ Für die Matrix-Vektorendarstellung verwenden wir folgende Nomenklatur:

  • Die $M$ Wahrscheinlichkeiten zum Zeitpunkt $ν$ fasst man zu einem Spaltenvektor zusammen:
$${\mathbf{p}^{(\nu)}} = \left[ \begin{array}{c} {p_{\rm 1}}^{(\nu)} \\ \dots \\ {p_{M}}^{(\nu)} \end{array} \right] \hspace{0.5cm}{\rm mit} \hspace{0.5cm} {p_{\mu}}^{(\nu)} = {\rm Pr}(E_\nu = E_\mu ).$$
  • Die Übergangswahrscheinlichkeiten werden durch eine $M$ x $M$-Matrix ausgedrückt:
$${\mathbf{P}} =\left( p_{ij} \right) = \left[ \begin{array}{cccc} p_{11} & p_{12} & \cdots & p_{1M} \\ p_{21} & p_{22}& \cdots & p_{2M} \\ \dots & \dots & \dots & \dots \\ p_{M1} & p_{M2} & \cdots & p_{MM} \end{array} \right] \hspace{0.5cm}{\rm mit} \hspace{0.5cm} {p_{ij}} = {\rm Pr}(E_{\nu +1 } = E_j \hspace{0.05cm}| \hspace{0.05cm} E_{\nu } = E_i).$$


Zur Bezeichnung der Übergangswahrscheinlichkeiten

Die nebenstehende Abbildung verdeutlicht diese Nomenklatur am Beispiel $M = 2$.

Der neue Ereigniswahrscheinlichkeitsvektor nach einem Schritt lautet: $${\mathbf{p}^{(\nu + 1)}} = {\mathbf{P}}^{\rm T} \cdot {\mathbf{p}^{(\nu )}} .$$

${\mathbf{P}^{\rm T}}$ bezeichnet hierbei die transponierte Matrix zu P. Nach $n$ Schritten ergibt sich somit $${\mathbf{p}^{(\nu +{\it n})}} = \left( {\mathbf{P}}^{\rm T} \right)^n \cdot {\mathbf{p}^{(\nu )}} .$$

Im Grenzübergang ( $n → ∞$) erreicht man dann stets die Stationarität der Markovkette: $$\lim_{n \to\infty}\hspace{0.1cm}{\mathbf{p}^{(\nu + n)}} = \lim_{n \to\infty} \left( {\mathbf{P}}^{\rm T} \right)^n \cdot {\mathbf{p}^{(\nu )}} = {\mathbf{p}}_{\rm erg}= \left[ \begin{array}{c} {p_{\rm 1}} \\ \dots \\ {p_{M}} \end{array} \right] .$$

Multipliziert man die Übergangsmatrix ${\mathbf{P}}$ unendlich oft mit sich selbst und benennt das Ergebnis mit ${\mathbf{P}}_{\rm erg}$, so besteht die resultierende Matrix aus $M$ gleichen Zeilen: $${\mathbf{P}}_{\rm erg} = \lim_{n \to\infty} {\mathbf{P}}^n = \left[ \begin{array}{cccc} p_{1} & p_{2} & \cdots & p_{M} \\ p_{1} & p_{2}& \cdots & p_{M} \\ \dots & \dots & \dots & \dots \\ p_{1} & p_{2} & \cdots & p_{M} \end{array} \right] .$$ Die Wahrscheinlichkeiten $p_1, ... , p_M$ in jeder dieser Zeilen bezeichnet man als die ergodischen Wahrscheinlichkeiten .


Markovdiagramm mit drei Ereignissen

Wir betrachten eine Markovkette mit den Ereignissen $E_1, E_2$ und $E_3$. Die Grafik zeigt das Markovdiagramm, die Übergangsmatrix P und deren Potenzen. Im Markovdiagramm sind alle Übergangswahrscheinlichkeiten „1/2” blau eingezeichnet; grün kennzeichnet die Wahrscheinlichkeit „1/4”.

  • Beim Start ( $ν =0$) sind alle Ereignisse gleichwahrscheinlich.
  • Für den Zeitpunkt $ν = 1$ gilt dann:
$${\mathbf{p}^{(1)}} = {\mathbf{P}}^{\rm T} \cdot {\mathbf{p}^{(0 )}}= \left[ \begin{array}{ccc} 1/2 & 1/2& 1/2 \\ 1/4 & 0 & 1/2 \\ 1/4& 1/2& 0 \end{array} \right] \left[ \begin{array}{c} 1/3 \\ 1/3 \\ 1/3 \end{array} \right] = \left[ \begin{array}{c} 1/2 \\ 1/4 \\ 1/4 \end{array} \right] .$$
Hieraus ist zu ersehen, dass man von der Matrix P durch den Austausch der Zeilen und Spalten zur transponierten Matrix ${\mathbf{P}^{\rm T}}$ kommt.
  • Zum Zeitpunkt $ν =2$ (und auch zu allen späteren Zeiten) ergeben sich die gleichen Wahrscheinlichkeiten:
$${\mathbf{p}^{(2)}} = {\mathbf{P}}^{\rm T} \cdot {\mathbf{p}^{(1 )}}= \left[ \begin{array}{ccc} 1/2 & 1/2& 1/2 \\ 1/4 & 0 & 1/2 \\ 1/4& 1/2& 0 \end{array} \right] \left[ \begin{array}{c} 1/2 \\ 1/4 \\ 1/4 \end{array} \right] = \left[ \begin{array}{c} 1/2 \\ 1/4 \\ 1/4 \end{array} \right] .$$
Das bedeutet: Die ergodischen Wahrscheinlichkeiten sind „1/2”, „1/4” und „1/4”.
  • Dieses Ergebnis hätte man auch direkt aus der ergodischen Matrix ablesen können:
$${\mathbf{P}}_{\rm erg} = \lim_{n \to\infty} {\mathbf{P}}^n = \left[ \begin{array}{ccc} 1/2 & 1/4 & 1/4 \\ 1/2 & 1/4 & 1/4 \\ 1/2 & 1/4 & 1/4 \end{array} \right] .$$
Diese ergibt sich durch fortlaufende Multiplikation der Übergangsmatrix mit sich selbst. Im obigen Bild sind die Potenzen $\mathbf{P}^2$ und $\mathbf{P}^3$ angegeben, die sich der Matrix $\mathbf{P}_{\rm erg}$ annähern.