Blockschaltbild und Voraussetzungen zu Kapitel 2.4
Im Kapitel 1.5 wurde für die binären Blockcodes gezeigt, welche Berechnungen der Decoder ausführen muss, um aus einem unvollständigen Empfangswort y das gesendete Codewort x bestmöglich decodieren zu können. Zugrunde gelegt war dabei das BEC–Kanalmodell (Binary Erasure Channel), das ein unsicheres Bit als Erasure E („Auslöschung”) markiert.
Im Gegensatz zu BSC (Binary Symmetric Channel) und AWGN (Additive White Gaussian Noise) wurden hier Bitfehler (yi ≠ xi) ausgeschlossen. Jedes Bit eines Empfangswortes stimmt also mit dem entsprechenden Bit des Codewortes überein (yi = xi) oder ist bereits als Auslöschung markiert (yi = E).
Die Grafik zeigt das Blockschaltbild, das sich von dem Modell in Kapitel 1.5 geringfügig unterscheidet:
- Da Reed–Solomon–Codes lineare Blockcodes sind, stehen Informationswort u und Codewort c über die Generatormatrix G und die folgende Gleichung in Zusammenhang:
- c_=enc(u_)=u_⋅Gmitu_=(u0,u1,...,ui,...,uk−1),c_=(c0,c1,...,ci,...,cn−1).
- Für die einzelnen Symbole von Informations– und Codewort gilt bei Reed–Solomon–Codierung:
- ui∈GF(q),ci∈GF(q)mitq=n+1=2m⇒n=2m−1.
- Jedes Codesymbol ci wird somit mit m ≥ 2 Binärsymbolen (Bit) dargestellt. Zum Vergleich: Für die binären Blockcodes gilt q = 2, m = 1 und die Codewortlänge n ist frei wählbar.
- Bei Codierung auf Symbolebene muss das BEC–Modell zum m–BEC–Modell erweitert werden. Mit der Wahrscheinlichkeit λm ≈ m · λ wird ein Codesymbol ci ausgelöscht (yi = E) und es gilt Pr(yi = ci) = 1 – λm. Näheres zur Umrechnung der beiden Modelle finden Sie in Aufgabe Z2.11.
Im Folgenden beschäftigen wir uns ausschließlich mit dem Block Codewortfinder (CWF), der aus dem Empfangsvektor y den Vektor <nobr>z ∈ CRS</nobr> gewinnt:
- Falls die Anzahl e der Auslöschungen in Vektor y hinreichend klein ist, lässt sich das gesamte Codewort mit Sicherheit (z = c) finden.
- Sind zuviele Symbole des Empfangswortes y ausgelöscht, meldet der Decoder, dass dieses Wort nicht decodierbar ist. Eventuell wird dann die Codesequenz noch einmal gesendet.
Beim Auslöschungskanal (m–BEC) ist also im Gegensatz zum m–BSC, der im Kapitel 2.5 Anwendung findet, eine Fehlentscheidung (z ≠ c) ausgeschlossen ⇒ Blockfehlerwahrscheinlichkeit Pr(z ≠ c) = 0 ⇒ Pr(υ ≠ u) = 0. Das rekonstruierte Informationswort ergibt sich gemäß dem Blockschaltbild (gelbe Hinterlegung) zu υ = enc–1(z). Mit der Generatormatrix G kann hierfür auch geschrieben werden:
c_=u_⋅G⇒z_=υ_⋅G⇒υ_=z_⋅GT.
Vorgehensweise am Beispiel des RSC (7, 3, 5)8
Um die RS–Decodierung beim Auslöschungskanal so einfach wie möglich darstellen zu können, gehen wir von einer konkreten Aufgabenstellung aus:
- Verwendet wird ein Reed–Solomon–Code mit den Parametern n = 7, k = 3 und q = 23 = 8. Allgemein gilt für das Informationswort u, das Codewort c und die Prüfmatrix H:
- u_=(u0,u1,u2),c_=(c0,c1,c2,c3,c4,c5,c6),ui,ci∈GF(23)={0,1,α,α2,...,α6},
- H=(1α1α2α3α4α5α61α2α4α6α1α3α51α3α6α2α5α1α41α4α1α5α2α6α3).
- Der Empfangsvektor wird mit y = (α1, 1, E, E, α2, E, α5) vorgegeben. Da der Auslöschungskanal keine Fehler produziert, sind dem Decoder vier der Codesymbole bekannt:
- c0=α1,c1=1,c4=α2,c6=α5.
- Es ist offensichtlich, dass der Block „Codewortfinder” – im Blockschaltbild mit CWF bezeichnet – einen Vektor der Form z = (c0, c1, z2, z3, c4, z5, c6) liefern soll mit z2, z3, z5 ∈ GF(23).
- Da das vom Decoder gefundene Codewort z aber auch ein gültiges Reed–Solomon–Codewort sein soll ⇒ z ∈ CRS, muss entsprechend den Ausführungen in Kapitel 2.3 gelten:
- H⋅z_T=0_T⇒(1α1α2α3α4α5α61α2α4α6α1α3α51α3α6α2α5α1α41α4α1α5α2α6α3)⋅(c0c1z2z3c4z5c6)=(0000).
- Daraus ergeben sich vier Gleichungen für die Unbekannten z2, z3, z5. Bei eindeutiger Lösung – und nur bei einer solchen – ist die Decodierung erfolgreich und man kann dann mit Sicherheit sagen, dass tatsächlich c = z gesendet wurde.
Die Beschreibung wird auf der nächsten Seite fortgesetzt.
Lösung der Matrixgleichungen am Beispiel des RSC (7, 3, 5)8
Gefunden werden muss also das zulässige Codewort z, das die Bestimmungsgleichung H · zT = 0T erfüllt. Zweckmäßigerweise spalten wir dazu den Vektor z in zwei Teilvektoren auf, nämlich in
- den Vektor zE = (z2, z3, z5) der ausgelöschten Symbole (Index E für Erasures),
- den Vektor zK = (c0, c1, c4, c6) der bekannten Symbole (Index K für Korrekt).
Mit den zugehörigen Teilmatrizen (jeweils mit n – k = 4 Zeilen)
HE=(α2α3α5α4α6α3α6α2α1α1α5α6),HK(1α1α4α61α2α1α51α3α5α41α4α2α3)
lautet somit die Bestimmungsgleichung:
HE⋅z_TE+HK⋅z_TK=0_T⇒HE⋅z_TE=−HK⋅z_TK.
Da für alle Elemente zi ∈ GF(2m) die additive Inverse InvA(zi) (= –zi) = zi ist, gilt in gleicher Weise
HE⋅z_TE=HK⋅z_TK=(1α1α4α61α2α1α51α3α5α41α4α2α3)⋅(α11α2α6)=...=(α3α4α20).
Die rechte Gleichungsseite ergibt für das betrachtete Beispiel ⇒ zK = (c0, c1, c4, c6) und basiert auf dem Polynom p(x) = x3 + x + 1, das zu folgenden Potenzen in α führt:
α3=α+1,α4=α2+α,α5=α2+α+1,α6=α2+1,
Damit lautet die Matrizengleichung zur Bestimmung des gesuchten Vektors zE:
(α2α3α5α4α6α3α6α2α1α1α5α6)⋅(z2z3z5)!=(α3α4α20).
Löst man diese Matrizengleichung (am einfachsten per Programm), so erhält man
z2=α2,z3=α1,z5=α5⇒z_=(α1,1,α2,α1,α2,α5,α5).
Das Ergebnis ist richtig, wie die folgenden Kontrollrechnungen zeigen:
α2⋅α2+α3⋅α1+α5⋅α5=α4+α4+α10=α10=α3,
Das zugehörige Informationswort erhält man mit der Generatormatrix G zu υ = z · GT = (α1, 1, α3).