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Beschreibung im Frequenzbereich
Die ZSB–AM – sowohl mit als auch ohne Träger – hat folgende Eigenschaften:
- Das modulierte Signal $s(t)$ benötigt die doppelte Bandbreite wie das Quellensignal $q(t)$.
- Die vollständige Information über $q(t)$ steckt sowohl im oberen als auch im unteren Seitenband.
Die so genannte Einseitenband–Amplitudenmodulation (ESB–AM) macht sich diese Eigenschaft dadurch zunutze, dass nur eines dieser Seitenbänder übertragen wird, entweder das obere Seitenband (OSB) oder das untere Seitenband (USB).
Die Grafik verdeutlicht die ESB–AM im Frequenzbereich und gibt gleichzeitig eine Realisierungsform des ESB–Modulators an. Man erkennt aus dieser Darstellung:
- Das ESB–Spektrum ergibt sich aus dem ZSB–Spektrum durch Filterung mit einem Bandpass, der bezüglich der Trägerfrequenz $f_{\rm T}$ ein unsymmetrisches Verhalten zeigt.
- Bei OSB–Modulation wird die untere Grenzfrequenz $f_{\rm U} = f_{\rm T} – f_ε$ und die obere Grenzfrequenz zu $f_{\rm O} ≥ f_{\rm T} + B_{\rm NF}$ gewählt $(f_ε$ ist eine beliebig kleine positive Frequenz). Das OSB–Spektrum beinhaltet somit nur das obere Seitenband und (nicht notwendigerweise) den Träger.
- Zur Erzeugung einer USB–Modulation müssen dagegen die untere bzw. obere Grenzfrequenz des Bandpasses wie folgt festgelegt werden: $f_{\rm U} ≤ f_{\rm T} \ – \ B_{\rm NF}, f_{\rm O} = f_{\rm T} + f_ε.$
Bei $f_{\rm T} =$ 100 kHz und $B_{\rm NF} =$ 3 kHz erhält man aus dem ZSB–Signal ein OSB–Signal mit Träger, wenn das Filter alle Frequenzen unterhalb von 99.999... kHz abschneidet.
- Ist die untere Grenzfrequenz um ein (beliebig kleines) „epsilon” größer als $f_{\rm T}$, so ergibt sich eine „OSB–AM ohne Träger”.
- Eine „USB mit/ohne Träger” kann entsprechend mit $f_{\rm O} =$ 100 kHz bzw. $f_{\rm O} =$ 99.999... kHz realisiert werden.
Der große Vorteil einer ESB–AM liegt in der nur halben Bandbreite gegenüber der ZSB–AM. Mit welchen Nachteilen dieser Vorteil erkauft werden muss, wird in den nachfolgenden Abschnitten erläutert.
Synchrondemodulation eines ESB–Signals
Wir betrachten nun ein ESB–moduliertes Signal und beim Empfänger den in Kapitel 2.2 beschriebenen Synchrondemodulator, wobei perfekte Frequenz– und Phasensynchronisation vorausgesetzt wird. Ohne Einfluss auf die Allgemeingültigkeit ist im weiteren Verlauf dieses Abschnitts stets ${\mathbf ϕ}_{\rm T} =$ 0 gesetzt.
Ein Vergleich mit den Eigenschaften des Synchrondemodulators bei ZSB–AM in Kapitel 2.2 zeigt folgende Gemeinsamkeiten und Unterschiede:
- Das Spektrum $V(f)$ des Sinkensignals ergibt sich in beiden Fällen aus der Faltung der Spektren $R(f)$ und $Z_{\rm E}(f)$, wobei Letzteres sich aus zwei Diracfunktionen bei $±f_{\rm T}$ zusammensetzt.
- Bei ZSB–AM überlagern sich für jede Frequenz die Faltungsprodukte mit der rechten und der linken Diracfunktion. In der Grafik zu Kapitel 2.2 sind diese Anteile mit „+” bzw. „–” markiert.
- Dagegen liefert bei OSB–Modulation nur die Faltung mit der Diraclinie bei $\ –f_{\rm T}$ den $V(f)$–Anteil bei positiven Frequenzen und bei USB–Modulation die Faltung mit der Diracfunktion $δ(f – f_{\rm T})$.
- Bei ZSB–AM wird mit dem empfangsseitigen Trägersignal $z_{\rm E}(t) = 2 · \cos(ω_{\rm T} · t)$ erreicht, dass $υ(t) = q(t)$ gilt. Dagegen muss bei ESB–AM die Trägeramplitude auf 4 erhöht werden.
Einfluss eines Frequenz– und Phasenversatzes
Besteht ein Frequenzversatz zwischen den Trägersignalen $z(t)$ und $z_{\rm E}(t)$, so kommt es stets zu starken nichtlinearen Verzerrungen, also unabhängig davon, ob ZSB–AM oder ESB–AM vorliegt. Bei der Realisierung eines Synchrondemodulators ist deshalb eine perfekte Frequenzsynchronisation unerlässlich.
Betrachten wir nun den Einfluss eines Phasenversatzes $Δ{\mathbf ϕ}_{\rm T}$ zwischen sende– und empfangsseitigem Trägersignal, und zwar am Beispiel des Quellensignals $$q(t) = A_1 \cdot \cos(\omega_1 \cdot t ) + A_2 \cdot \cos(\omega_2 \cdot t)\hspace{0.05cm}.$$ Bei ZSB–AM führt ein solcher Phasenversatz lediglich zu einer frequenzunabhängigen Dämpfung, aber nicht zu Verzerrungen: $$v(t) = \cos (\Delta \phi_{\rm T}) \cdot q(t) = \cos (\Delta \phi_{\rm T}) \cdot A_1 \cdot \cos(\omega_1 \cdot t ) + \cos (\Delta \phi_{\rm T}) \cdot A_2 \cdot \cos(\omega_2 \cdot t ) \hspace{0.05cm}.$$ Dagegen erhält man bei der OSB–AM: $$\begin{align*}v(t) & = A_1 \cdot \cos(\omega_1 \cdot t - \Delta \phi_{\rm T}) + A_2 \cdot \cos(\omega_2 \cdot t - \Delta \phi_{\rm T})=\\ & = A_1 \cdot \cos(\omega_1 \cdot (t - \tau_1)) + A_2 \cdot \cos(\omega_2 \cdot (t - \tau_2))\hspace{0.05cm}.\end{align*}$$
Man erkennt aus dieser Gleichung:
- Die beiden Laufzeiten $τ_1 = Δ{\mathbf ϕ}_{\rm T}/ω_1$ und $τ_2 = Δ{\mathbf ϕ}_{\rm T}/ω_2$ sind unterschiedlich. Das bedeutet, dass ein Phasenversatz bei ESB–AM (OSB–AM oder USB–AM) zu Phasenverzerrungen führt.
- Ein positiver Wert von $Δ{\mathbf ϕ}_{\rm T}$ bewirkt bei OSB positive Werte von $τ_1$ und $τ_2$ (also gegenüber dem Cosinus nachlaufende Signale) und bei USB negative $τ_1$– bzw. $τ_2$–Werte (vorlaufende Signale).
Die Auswirkungen von Phasenverzerrungen auf ein aus zwei Cosinusschwingungen zusammengesetztes Nachrichtensignal können Sie sich mit folgendem Interaktionsmodul verdeutlichen:
Lineare Verzerrungen periodischer Signale
Seitenband–zu–Träger–Verhältnis (1)
Ein wichtiger Parameter der ZSB–AM ist der Modulationsgrad $m = q_{\rm max}/A_{\rm T}$. Im Sonderfall einer harmonischen Schwingung gilt $m = A_{\rm N}/A_{\rm T}$ und man erhält das Spektrum $S_+(f)$ des analytischen Signals entsprechend der oberen Grafik. Beachten Sie bitte die Normierung auf $A_{\rm T}$.
Bei der ESB–AM ist die Anwendung des Parameters $m$ zwar prinzipiell möglich, aber nicht zweckmäßig. Beispielsweise gilt für die Zeitbereichsdarstellung der OSB–AM mit dem Spektrum $S_+(f)$ entsprechend der unteren Grafik: $$s_+(t) = A_{\rm T} \cdot {\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.03cm}\cdot \hspace{0.05cm} \omega_{\rm T} \hspace{0.03cm}\cdot \hspace{0.05cm}t } + \frac{A_{\rm N}}{2} \cdot {\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.03cm}\cdot \hspace{0.03cm} (\omega_{\rm T} + \omega_{\rm N}) \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}t }\hspace{0.05cm}.$$ Hierfür kann in gleicher Weise $$s_+(t) = A_{\rm T} \cdot \left({\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.03cm}\cdot \hspace{0.05cm} \omega_{\rm T} \hspace{0.03cm}\cdot \hspace{0.05cm}t } + \mu \cdot {\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.03cm}\cdot \hspace{0.03cm} (\omega_{\rm T} + \omega_{\rm N}) \hspace{0.03cm}\cdot \hspace{0.05cm}t }\right)$$ geschrieben werden, wobei nun das Seitenband–zu–Träger–Verhältnis verwendet ist: $$\mu = \frac{A_{\rm N}}{2 \cdot A_{\rm T}} \hspace{0.05cm}.$$ Ist das Quellensignal keine harmonische Schwingung, so ist die Angabe dieser Größe schwierig. Hier kann man folgende Näherung benutzen: $$\mu = \frac{q_{\rm max}}{2 \cdot A_{\rm T}} \hspace{0.3cm}{\rm mit}\hspace{0.3cm} q_{\rm max} = \max_{t} \hspace{0.05cm} |q(t)| \hspace{0.05cm}.$$ Mit dieser Näherung ist $\mu = m/2.$ Ein Vergleich zwischen einer ZSB– und einer ESB–AM sollte jedoch stets für den gleichen Zahlenwert von $m$ bzw. $\mu$ erfolgen.
Seitenband–zu–Träger–Verhältnis (2)
Die obere Grafik zeigt das ZSB–AM–Signal für den Modulationsgrad $m = q_{\rm max}/A_{\rm T} =$ 1. Dies ist der Grenzfall für die Anwendung der Hüllkurvendemodulation, da so das Nachrichtensignal $q(t)$ in der Hüllkurve $a(t)$ gerade noch verzerrungsfrei enthalten ist.
Die mittlere Grafik zeigt das OSB–Signal, wobei ebenfalls $A_{\rm T} = q_{\rm max}$ gewählt ist. Nach den beiden obigen Definitionen entspricht dies den Zahlenwerten $m =$ 1 bzw. $\mu =$ 0.5. Aufgrund des fehlenden USB-Beitrags unterscheidet sich hier die Hüllkurve $a(t)$ deutlich von $q(t) + A_{\rm T}.$
Dagegen wurde für den unten dargestellten Signalverlauf $q_{\rm max} = 2 · A_{\rm T}$ gewählt, so dass sich für das Seitenband–zu–Träger–Verhältnis der Zahlenwert $\mu =$ 1 ergibt.
Diese Grafik macht Folgendes deutlich:
- Es sind mehr Ähnlichkeiten zwischen dem oberen und dem unteren Signal festzustellen als zwischen den ersten beiden. Der Vergleich zwischen einer ZSB–AM und einer ESB–AM sollte möglichst bei gleichem Zahlenwert für $m$ bzw. $\mu$ erfolgen.
- Die Hüllkurvendemodulation führt bei einer Einseitenband–Amplitudenmodulation grundsätzlich – das heißt für jeden Zahlenwert des Seitenband–zu–Träger–Verhältnisses $\mu$ – zu gravierenden Verzerrungen. Diese sind von nichtlinearer Art und somit irreversibel.
Zusammenfassende Bewertung der ESB–AM
Der entscheidende Vorteil der ESB–AM gegenüber der ZSB–AM ist der um den Faktor 2 geringere Bandbreitenbedarf. Eingesetzt wurde diese Technik schon in den 1960er–Jahren bei der analogen Übertragung von Telefongesprächen. Entsprechend eines hierarchischen Aufbaus werden zunächst drei Fernsprechkanäle – jeweils auf den Bereich 0.3 bis 3.4 kHz bandbegrenzt – zu einer Vorgruppe mit der Bandbreite 12 kHz zusammengefasst. Durch weiteres Zusammenfassen wurde so das Weitverkehrs- system „V 10800” mit bis zu 10800 Sprachkanälen und einer Gesamtbandbreite von 60 MHz realisiert.
Für die halbe Bandbreite der ESB–AM müssen aber auch Nachteile in Kauf genommen werden, die in den Aufgaben zu diesem Abschnitt 2.4 untersucht werden sollen:
- Die Information über das Quellensignal $q(t)$ steckt nun im Gegensatz zur ZSB–AM nicht mehr ausschließlich in der Amplitude, sondern gleichermaßen auch in der Phase (siehe Aufgabe A2.10).
- Die Anwendung der Hüllkurvendemodulation bei OSB– oder USB–AM führt deshalb stets zu starken nichtlinearen Verzerrungen (siehe Aufgabe Z2.10).
- Die Synchrondemodulation eines ESB–AM–Signals führt zu Phasenverzerrungen, wenn zwischen den Trägersignalen bei Sender und Empfänger ein Phasenversatz besteht.
Ebenso wie bei einer ZSB–AM mit Synchrondemodulation gelten auch hier folgende Aussagen:
- Dämpfungsverzerrungen des Kanals führen nur zu (linearen) Dämpfungsverzerrungen bezüglich des Sinkensignals. Es entstehen keine nichtlinearen Verzerrungen (siehe Aufgabe A2.9).
- Die ESB–AM ohne Träger zeigt genau gleiches Rauschverhalten wie die ZSB–AM ohne Träger. Der Vorteil der kleineren HF–Bandbreite wird durch die notwendige Pegelanpassung aufgehoben.
- Eine ESB–AM mit dem Seitenband–zu–Träger–Verhältnis $\mu$ zeigt ähnliches Rauschverhalten wie eine ZSB–AM mit dem Modulationsgrad $m = 2^{0.5} · \mu$ (siehe Aufgabe Z2.9).
- Allerdings ist zu beachten, dass die ESB–AM mit Träger aufgrund der nichtlinearen Verzerrungen bei Hüllkurvendemodulation – nur wegen dieser wird ja der Träger zugeführt – wenig sinnvoll ist.