2.6 Nochmals Zweiwegekanal

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Wie in der Aufgabe A2.6 wird ein Zweiwegekanal betrachtet, für dessen Impulsantwort gelte:
$$h(t) = \delta ( t - T_1) + \delta ( t - T_2).$$
Entgegen der allgemeinen Darstellung in A2.6 sind hier die beiden Dämpfungsfaktoren z1 und z2 jeweils zu 1 gesetzt. Dies entspricht zum Beispiel beim Mobilfunk einem Echo im Abstand T2T1 in gleicher Stärke wie das Signal auf dem Hauptpfad. Für dieses wird die Laufzeit T1 vorausgesetzt.
Mit den zunächst (a, b, c, d) betrachteten Laufzeiten T1 = 0 und T2 = T erhält man für den Frequenzgang des Zweiwegekanals (Betrag siehe obere Grafik):
$$H(f) = 1 + {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.04cm}2 \pi f T} = 1 + \cos(2 \pi f T) - {\rm j} \cdot \sin(2 \pi f T)$$
$$\Rightarrow \hspace{0.4cm}|H(f)| = \sqrt{2\left(1 + \cos(2 \pi f T)\right)}= 2 \cdot |\cos(\pi f T)|.$$
Die untere Grafik zeigt die Phasenfunktion:
$$b(f) = - {\rm arc} \hspace{0.1cm}H(f) = \arctan \frac{\sin(2 \pi f T)}{1 + \cos(2 \pi f T)} = \arctan \left(\tan(\pi f T)\right).$$
Hierbei wurde folgende trigonometrische Umformung benutzt:
$$ \frac{\sin(2 \alpha)}{1 + \cos(2 \alpha)} = \tan(\alpha).$$
Im Frequenzbereich |f| < 1/(2T) steigt b(f) linear an: b(f) = π · f · T1. Auch in den weiteren Abschnitten der Phasenfunktion nimmt die Phase stets von – π/2 bis π/2 linear zu (siehe untere Grafik).
Für die Teilaufgaben 1) bis 4) gelte T1 = 0 und T2 = T = 4 ms. Dagegen wird in der Teilaufgabe e) der Fall T1 = 1 ms, T2 = 5 ms betrachtet. Als Eingangssignale werden untersucht:
ein Rechteckimpuls x1(t) mit der Höhe 1 zwischen 0 und T. Das bedeutet, dass für t < 0 und für t > T jeweils x1(t) = 0 gilt. An den beiden Sprungstellen tritt jeweils der Wert 0.5 auf.
ein Rechteckimpuls x2(t) mit der Höhe 1 im Bereich von 0 bis 2T,
ein periodisches Rechtecksignal x3(t) mit der Periodendauer T0 = T:
$$x_3(t) = \left\{ \begin{array}{c} 1 \\ 0 \\ \end{array} \right.\quad \quad \begin{array}{c} {\rm{f\ddot{u}r}} \\ {\rm{f\ddot{u}r}} \\ \end{array}\begin{array}{*{20}c} { 0 < t < T/2,} \\ { T/2 < t < T,} \\ \end{array}$$
ein periodisches Rechtecksignal x4(t) mit der Periodendauer T0 = 2T:
$$x_4(t) = \left\{ \begin{array}{c} 1 \\ 0 \\ \end{array} \right.\quad \quad \begin{array}{c} {\rm{f\ddot{u}r}} \\ {\rm{f\ddot{u}r}} \\ \end{array}\begin{array}{*{20}c} { 0 < t < T,} \\ { T < t < 2T.} \\ \end{array}$$
Im Fragenkatalog bezeichnet yi(t) das Signal am Ausgang des Zweiwegekanals, wenn am Eingang das Signal xi(t) anliegt (i = 1, 2, 3, 4).
Hinweis: Die Aufgabe bezieht sich auf den Theorieteil von Kapitel 2.3.


Fragebogen

1

Berechnen Sie das Ausgangssignal y1(t). Welche der Aussagen sind zutreffend?

y1(t) ist ebenfalls rechteckförmig.
y1(t) ist dreieckförmig.
Die absolute Impulsdauer ist 2T.
y1(t) weist gegenüber x1(t) Dämpfungsverzerrungen auf.
y1(t) weist gegenüber x1(t) Phasenverzerrungen auf.

2

Berechnen Sie das Signal y2(t). Welche Werte ergeben sich zu den Zeitpunkten <nobr>t = 0.5T,</nobr> 1.5T und 2.5T?

$y_2(t = 0.5T)$ =

$y_2(t = 1.5T)$ =

$y_2(t = 2.5T)$ =

3

Berechnen Sie das Signal y3(t) und überprüfen Sie, welche Aussagen zutreffen.

y3(t) ist gegenüber x3(t) unverzerrt.
y3(t) weist gegenüber x3(t) Dämpfungsverzerrungen auf.
y3(t) weist gegenüber x3(t) Phasenverzerrungen auf.

4

Welche Aussagen treffen für das Ausgangssignal y4(t) zu?

y4(t) ist gegenüber x4(t) unverzerrt.
y4(t) weist gegenüber x4(t) Dämpfungsverzerrungen auf.
y4(t) weist gegenüber x4(t) Phasenverzerrungen auf.

5

Es gelten nun die Kanalparameterwerte T1 = 1 ms und T2 = 5 ms. Welche Veränderungen ergeben sich gegenüber den bisherigen Ergebnissen?

Die obigen Aussagen hinsichtlich Verzerrungen sind weiterhin gültig.
Fundierte Aussagen sind erst nach einer Neuberechnung möglich.
T1 = 1 ms und T2 = 5 ms führt bei allen Signalen zu Verzerrungen.


Musterlösung

1.  Die Lösung im Zeitbereich führt schneller zum Endergebnis:
$$y_1(t) = x_1(t) \star h(t) = \\ = x_1(t) \star \delta (t) + x_1(t) \star \delta (t - T) = x_1(t) + x_1(t-T).$$
Somit ist y1(t) ein Rechteckimpuls der Höhe 1 und der Breite 2T.
Zum gleichen Ergebnis – aber zeitaufwändiger – kommt man durch die Berechnung im Spektralbereich:
$$Y_1(f) = X_1(f) \cdot H(f) = T \cdot \frac {\sin(\pi f T)}{\pi f T}\cdot {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} \pi f T} \cdot \left[ 1 + {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} \right].$$
Die komplexen Exponentialfunktionen können mit dem Satz von Euler wie folgt umgewandelt werden:
$${\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} \pi f T} \left[ 1 + {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} \right] = {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} \cdot \left[ {\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} \pi f T} + {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} \pi f T} \right] = \\ = {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} \cdot 2 \cos(\pi f T) .$$
Somit kann für das Ausgangsspektrum geschrieben werden:
$$Y_1(f) = Y_{11}(f) \cdot {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} ,$$
$$Y_{11}(f) = 2T \cdot \frac {\sin(\pi f T) \cdot \cos(\pi f T)}{\pi f T} = 2T \cdot \frac {\sin(2\pi f T) }{2\pi f T}.$$
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Hierbei ist die Beziehung sin(α) · cos(α) = sin(2α)/2 verwendet. Die Fourierrücktransformation von Y11(f) führt zu einem um t = 0 symmetrischen Rechteck der Breite 2T. Durch die Phasenfunktion wird dieser in den Bereich 0 ... 2T verschoben und das Ergebnis der Zeitbereichsberechnung bestätigt.
Trotz der Tatsache, dass y1(t) ebenso wie x1(t) rechteckförmig ist, liegen hier Verzerrungen vor. Wegen Ty > Tx sind diese linear. Im interessierenden Frequenzbereich – das sind bei einem si–förmigem Spektrum alle Frequenzen – ist |H(f)| nicht konstant. Also gibt es Dämpfungsverzerrungen.
Da zudem die Phase nicht im gesamten Bereich linear mit f ansteigt, gibt es auch Phasenverzerrungen. Das bedeutet: Alle Lösungsvorschläge treffen zu mit Ausnahme von 2.
2.  Aufgrund der bereits in 1) angegebenen Gleichung
$$y_2(t) = x_2(t) + x_2(t-T)$$
erhält man einen stufenförmigen Verlauf entsprechend obiger Grafik. Die gesuchten Werte sind:
$$y_2(t = 0.5 T) \hspace{0.15cm}\underline{= 1}, \hspace{0.3cm} y_2(t = 1.5 T) \hspace{0.15cm}\underline{= 2}, \hspace{0.3cm}y_2(t = 2.5 T) \hspace{0.15cm}\underline{ = 1}.$$
3.  Die Periodendauer T0 = T des periodischen Signals x3(t) ist genau so groß wie die Verzögerung auf dem zweiten Pfad. Deshalb ist y3(t) = 2 · x3(t) und es sind keine Verzerrungen feststellbar.
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Die Spektralbereichsberechnung führt zum gleichen Ergebnis. X3(f) ist ein Linienspektrum mit Anteilen bei den Frequenzen f = 0, f = ±f0 = ±1/T, f = ±3f0 usw.. Bei diesen diskreten Frequenzen gilt aber exakt:
$$|H(f)| = 2, \hspace{0.3cm} b(f) = 0 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm}\tau_{\rm P}(f) = 0.$$
Auch daraus folgt wieder y3(t) = 2 · x3(t). Richtig ist somit nur der Lösungsvorschlag 1.


4.  Aus der unteren Skizze obiger Grafik geht hervor, dass y4(t) = 1 gegenüber x4(t) verzerrt ist. Dabei handelt es sich um Dämpfungsverzerrungen ⇒  Lösungsvorschlag 2, wie die folgende Überlegung zeigt. Wegen T0 = 2T weist das Signal x4(t) die Grundfrequenz f0 = 1/(2T) auf. Bei allen ungeraden Vielfachen von f0 hat somit der Frequenzgang Nullstellen. Die einzige verbleibende Spektrallinie von Y4(f) liegt bei f = 0, wobei gilt:
$$Y_4(f) = 2 \cdot 0.5 \cdot \delta (f) = 1 \cdot \delta (f) \hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.5cm} y_4(t) = 1.$$
5.  Der Frequenzgang lautet nun mit T1 = 1 ms, T2 = 5 ms und T = T2T1 = 4 ms:
$$H(f) = {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T_1}+ {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T_2}= \left[ 1 + {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} \right]\cdot {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T_1}.$$
Der Klammerausdruck beschreibt den bereits bisher betrachteten Frequenzgang. Der zweite Term bewirkt eine zusätzliche Laufzeit um T1, und es gilt für alle Signale (i = 1, 2, 3, 4):
$$y_i^{\rm (e)}(t) = y_i(t-T_1).$$
Alle Aussagen hinsichtlich der Verzögerungen sind weiter gültig. Dies entspricht dem Lösungsvorschlag 1.