Exercise 3.5Z: Kullback-Leibler Distance again

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Ermittelte Wahrscheinlichkeitsfunktionen

Die Wahrscheinlichkeitsfunktion lautet:

$$P_X(X) = \big[\hspace{0.03cm}0.25\hspace{0.03cm}, \hspace{0.03cm} 0.25\hspace{0.03cm},\hspace{0.03cm} 0.25 \hspace{0.03cm}, \hspace{0.03cm} 0.25\hspace{0.03cm}\big]\hspace{0.05cm}.$$

Die Zufallsgröße $X$ ist also gekennzeichnet durch

  • den Symbolumfang $M=4$,
  • gleiche Wahrscheinlichkeiten $P_X(1) = P_X(2) = P_X(3) = P_X(4) = 1/4$ .


Die Zufallsgröße $Y$ ist stets eine Näherung für $X$:

  • Sie wurde per Simulation aus einer Gleichverteilung gewonnen, wobei jeweils nur $N$ Zufallswerte ausgewertet wurden.
  • Das heißt:   $P_Y(1)$, ... , $P_Y(4)$ sind im herkömmlichen Sinn keine Wahrscheinlichkeiten. Sie beschreiben vielmehr relative Häufigkeiten.


Das Ergebnis der sechsten Versuchsreihe (mit $N=1000$) wird demnach durch die folgende Wahrscheinlichkeitsfunktion zusammengefasst:

$$P_Y(X) = \big [\hspace{0.05cm}0.225\hspace{0.05cm}, \hspace{0.05cm} 0.253\hspace{0.05cm},\hspace{0.05cm} 0.250 \hspace{0.05cm}, \hspace{0.05cm} 0.272\hspace{0.05cm}\big] \hspace{0.05cm}.$$

Bei dieser Schreibweise ist bereits berücksichtigt, dass die Zufallsgrößen $X$ und $Y$ auf dem gleichen Alphabet $X = \{1, 2, 3, 4\}$ basieren.

Mit diesen Voraussetzungen gilt für die relative Entropie (englisch: Informational Divergence) zwischen den beiden Wahrscheinlichkeitsfunktionen $P_X(.)$ und $P_Y(.)$ :

$$D(P_X \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) = {\rm E}_X \hspace{-0.1cm}\left [ {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{P_X(X)}{P_Y(X)}\right ] \hspace{0.2cm}=\hspace{0.2cm} \sum_{\mu = 1}^{M} P_X(\mu) \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{P_X(\mu)}{P_Y(\mu)} \hspace{0.05cm}.$$

Man bezeichnet $D( P_X\hspace{0.05cm} || \hspace{0.05cm}P_Y)$ als (erste) Kullback–Leibler–Distanz.

  • Diese ist ein Maß für die Ähnlichkeit zwischen den beiden Wahrscheinlichkeitsfunktionen $P_X(.)$ und $P_Y(.)$.
  • Die Erwartungswertbildung geschieht hier hinsichtlich der (tatsächlich gleichverteilten) Zufallsgröße $X$. Dies wird durch die Nomenklatur ${\rm E}_X\big[.\big]$ angedeutet.


Eine zweite Form der Kullback–Leibler–Distanz ergibt sich durch die Erwartungswertbildung hinsichtlich der Zufallsgröße $Y$   ⇒   ${\rm E}_Y\big [.\big ]$:

$$D(P_Y \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_X) = {\rm E}_Y \hspace{-0.1cm} \left [ {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{P_Y(X)}{P_X(X)}\right ] \hspace{0.2cm}=\hspace{0.2cm} \sum_{\mu = 1}^M P_Y(\mu) \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{P_Y(\mu)}{P_X(\mu)} \hspace{0.05cm}.$$


Hinweise:


Fragebogen

1

Welche Entropie besitzt die Zufallsgröße $X$ ?

$H(X)\ = \ $

$\ \rm bit$

2

Wie groß sind die Entropien der Zufallsgrößen $Y$ (Näherungen für $X$)?

$N=10^3\text{:} \hspace{0.5cm} H(Y) \ = \ $

$\ \rm bit$
$N=10^2\text{:} \hspace{0.5cm} H(Y) \ = \ $

$\ \rm bit$
$N=10^1\text{:} \hspace{0.5cm} H(Y) \ = \ $

$\ \rm bit$

3

Berechnen Sie die folgenden Kullback–Leibler–Distanzen.

$N=10^3\text{:} \hspace{0.5cm} D( P_X \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) \ = \ $

$\ \rm bit$
$N=10^2\text{:} \hspace{0.5cm} D( P_X \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) \ = \ $

$\ \rm bit$
$N=10^1\text{:} \hspace{0.5cm} D( P_X \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) \ = \ $

$\ \rm bit$

4

Liefert $D(P_Y\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_X)$ jeweils exakt das gleiche Ergebnis?

Ja.
Nein.

5

Welche Aussagen gelten für die Kullback–Leibler–Distanzen bei $N = 4$?

Es gilt $D(P_X \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) = 0$.
Es gilt $D(P_X\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) = 0.5 \ \rm bit$.
$D(P_X\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y)$ ist unendlich groß.
Es gilt $D(P_Y\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_X) = 0$.
Es gilt $D(P_Y\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_X) = 0.5 \ \rm bit$.
$D(P_Y\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_X)$ ist unendlich groß.

6

Ändern sich sowohl $H(Y)$ als auch $D(P_X\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y)$ monoton mit $N$?

Ja,
Nein.


Musterlösung

(1)  Bei gleichen Wahrscheinlichkeiten gilt mit $M = 4$:

$$H(X) = {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} M \hspace{0.15cm} \underline {= 2\,{\rm (bit)}} \hspace{0.05cm}.$$


(2)  Die Wahrscheinlichkeiten für die empirisch ermittelten Zufallsgrößen $Y$ weichen im Allgemeinen (nicht immer!) von der Gleichverteilung um so mehr ab, je kleiner der Parameter $N$ ist. Man erhält für

  • $N = 1000 \ \ \Rightarrow \ \ P_Y(Y) = \big [0.225, \ 0.253, \ 0.250, \ 0.272 \big ]$:
$$H(Y) = 0.225 \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{1}{0.225} + 0.253 \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{1}{0.253} + 0.250 \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{1}{0.250} + 0.272 \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{1}{0.272} \hspace{0.15cm} \underline {= 1.9968\,{\rm (bit)}} \hspace{0.05cm},$$
  • $N = 100 \ \ \Rightarrow \ \ P_Y(Y) = \big[0.24, \ 0.16, \ 0.30, ß 0.30\big]$:
$$H(Y) = \hspace{0.05cm}\text{...} \hspace{0.15cm} \underline {= 1.9410\,{\rm (bit)}} \hspace{0.05cm},$$
  • $N = 10 \ \ \Rightarrow \ \ P_Y(Y) = \big[0.5, \ 0.1, \ 0.3, \ 0.1 \big]$:
$$H(Y) = \hspace{0.05cm}\text{...} \hspace{0.15cm} \underline {= 1.6855\,{\rm (bit)}} \hspace{0.05cm}.$$


(3)  Die Gleichung für die gesuchte Kullback–Leibler–Distanz lautet:

$$D(P_X \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) = \sum_{\mu = 1}^{4} P_X(\mu) \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{P_X(\mu)}{P_Y(\mu)} = \frac{1/4}{{\rm lg} \hspace{0.1cm}(2)} \cdot \left [ {\rm lg} \hspace{0.1cm} \frac{0.25}{P_Y(1)} + \frac{0.25}{P_Y(2)} + \frac{0.25}{P_Y(3)} + \frac{0.25}{P_Y(4)} \right ] $$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm} D(P_X \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) = \frac{1}{4 \cdot {\rm lg} \hspace{0.1cm}(2)} \cdot \left [ {\rm lg} \hspace{0.1cm} \frac{0.25^4}{P_Y(1) \cdot P_Y(2)\cdot P_Y(3)\cdot P_Y(4)} \right ] \hspace{0.05cm}.$$

Der Logarithmus zur Basis 2   ⇒   $\log_2(.)$ wurde zur einfachen Nutzung des Taschenrechners durch den Zehnerlogarithmus   ⇒   $\lg(.)$ ersetzt. Man erhält die folgenden numerischen Ergebnisse:

  • für $N=1000$:
$$D(P_X \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) = \frac{1}{4 \cdot {\rm lg} \hspace{0.1cm}(2)} \cdot \left [ {\rm lg} \hspace{0.1cm} \frac{0.25^4}{0.225 \cdot 0.253\cdot 0.250\cdot 0.272} \right ] \hspace{0.15cm} \underline {= 0.00328 \,{\rm (bit)}} \hspace{0.05cm},$$
  • für $N=100$:
$$D(P_X \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) = \frac{1}{4 \cdot {\rm lg} \hspace{0.1cm}(2)} \cdot \left [ {\rm lg} \hspace{0.1cm} \frac{0.25^4}{0.24 \cdot 0.16\cdot 0.30\cdot 0.30} \right ] \hspace{0.15cm} \underline {= 0.0442 \,{\rm (bit)}} \hspace{0.05cm},$$
  • für $N=10$:
$$D(P_X \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) = \frac{1}{4 \cdot {\rm lg} \hspace{0.1cm}(2)} \cdot \left [ {\rm lg} \hspace{0.1cm} \frac{0.25^4}{0.5 \cdot 0.1\cdot 0.3\cdot 0.1} \right ] \hspace{0.15cm} \underline {= 0.345 \,{\rm (bit)}} \hspace{0.05cm}.$$


(4)  Richtig ist Nein, wie am Beispiel $N = 100$ gezeigt werden soll:

$$D(P_Y \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_X) = \sum_{\mu = 1}^M P_Y(\mu) \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{P_Y(\mu)}{P_X(\mu)} = 0.24\cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{0.24}{0.25} + 0.16\cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{0.16}{0.25} +2 \cdot 0.30\cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{0.30}{0.25} = 0.0407\,{\rm (bit)}\hspace{0.05cm}.$$
  • In der Teilaufgabe (3) haben wir stattdessen $D(P_X\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) = 0.0442$ erhalten.
  • Das bedeutet auch:   Die Bezeichnung „Distanz” ist etwas irreführend.
  • Danach würde man eigentlich $D(P_Y\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_X)$ = $D(P_X\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y)$ erwarten.


(5)  Mit $P_Y(X) = \big [0, \ 0.25, \ 0.5, \ 0.25 \big ]$ erhält man:

$$D(P_X \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y) = 0.25\cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{0.25}{0} + 2 \cdot 0.25\cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{0.25}{0.25}+0.25\cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{0.25}{0.50}\hspace{0.05cm}.$$
  • Aufgrund des ersten Terms ergibt sich für $D(P_X\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm}P_Y)$ ein unendlich großer Wert.
  • Für die zweite Kullback–Leibler–Distanz gilt:
$$D(P_Y \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_X) = 0\cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{0}{0.25} + 2 \cdot 0.25\cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{0.25}{0.25}+ 0.50\cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{0.5}{0.25} \hspace{0.05cm}.$$
Wahrscheinlichkeitsfunktion, Entropie und Kullback–Leibler–Distanz

Nach einer Grenzwertbetrachtung erkennt man, dass der erste Term das Ergebnis $0$ liefert. Auch der zweite Term ergibt sich zu $0$, und man erhält als Endergebnis:

$$D(P_Y \hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_X) = 0.50\cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} (2) \hspace{0.15cm} \underline {= 0.5\,{\rm (bit)}} \hspace{0.05cm}.$$

Richtig sind somit die Aussagen 3 und 5:

  • Aus diesem Extrembeispiel wird deutlich, dass sich $D(P_Y\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_X)$ stets von $D(P_X\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y)$ unterscheidet.
  • Nur für den Sonderfall $P_Y = P_X$ sind beide Kullback–Leibler–Distanzen gleich, nämlich Null.
  • Die nebenstehende Tabelle zeigt das vollständige Ergebnis dieser Aufgabe.


(6)  Richtig ist wiederum Nein. Die Tendenz ist zwar eindeutig:   Je größer $N$ ist,

  • desto mehr nähert sich $H(Y)$ im Prinzip dem Endwert $H(X) = 2 \ \rm bit$ an.
  • um so kleiner werden die Distanzen $D(P_X\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_Y)$ und $D(P_Y\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm} P_X)$.


Man erkennt aus der Tabelle aber auch, dass es Ausnahmen gibt:

  • Die Entropie $H(Y)$ ist für $N = 1000$ kleiner als für $N = 400$.
  • Die Distanz $D(P_X\hspace{0.05cm}|| \hspace{0.05cm}P_Y)$ ist für $N = 1000$ größer als für $N = 400$.


Der Grund hierfür ist, dass das hier dokumentierte empirische Experiment mit $N = 400$ eher zu einer Gleichverteilung geführt hat als das Experiment mit $N = 1000$.

Würde man dagegen sehr (unendlich) viele Versuche mit $N = 400$ und $N = 1000$ starten und über diese mitteln, ergäbe sich tatsächlich der eigentlich erwartete monotone Verlauf.