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Properties of Nyquist Systems

From LNTwww


Erstes Nyquistkriterium im Zeitbereich


Für das gesamte erste Hauptkapitel wurde vorausgesetzt, dass die Detektion eines Symbols nicht durch Nachbarimpulse beeinträchtigt werden soll. Dies erreicht man durch die Detektion des Signals

d(t)=(ν)aνgd(tνT)

zu den Detektionszeitpunkten  (νT)  immer dann, wenn der Detektionsgrundimpuls  gd(t)


Aus Gründen einer möglichst einfachen Darstellung wird im Folgenden das Detektionsstörsignal als vernachlässigbar klein angenommen  (dN(t)=0).

Definition:  Man bezeichnet einen Detektionsgrundimpuls mit den Eigenschaften

gd(t=νT)=0f¨urν=±1,±2,±3,...

als Nyquistimpuls  gNyq(t), benannt nach dem Physiker  Harry Nyquist.


Detektionssignal bei Nyquistimpulsformung

Beispiel 1:  Die Grafik zeigt das Detektionssignal  d(t)  eines solchen Nyquistsystems. Rot gepunktet sind die (gewichteten und verschobenen) Nyquistimpulse  aνgNyq(tνT)  eingezeichnet.

Bitte beachten Sie:

  • Zu den Detektionszeitpunkten gilt  d(νT)=aνgNyq(0), wie aus den blauen Kreisen und dem grünen Raster hervorgeht.
  • Die Nachläufer der vorangegangenen Impulse  (ν<0)  sowie die Vorläufer der nachfolgenden Impulse  (ν>0)  beeinflussen beim Nyquistsystem die Detektion des Symbols  a0  nicht.


Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass für diese Grafik der Detektionsgrundimpuls

gNyq(t)=g0si(πtT)si(πt2T)

mit trapezförmigem Spektrum und dem Rolloff–Faktor  r=0.5  zugrunde liegt, der schon auf der Seite  Trapeztiefpass  des Buches „Lineare zeitinvariante Systeme” behandelt wurde.


Erstes Nyquistkriterium im Frequenzbereich


Harry Nyquist  hat die Bedingung für eine impulsinterferenzfreie Detektion nicht nur für den Zeitbereich formuliert, sondern 1928 auch das entsprechende Kriterium im Frequenzbereich angegeben.

Erstes Nyquistkriterium:  Erfüllt das Spektrum  Gd(f)  des Detektionsgrundimpulses  gd(t)  die Bedingung

+k=Gd(fkT)=g0T=const.,

so ist  gd(t)  ein Nyquistimpuls

  • mit äquidistanten Nulldurchgängen zu den Zeitpunkten  νT  für  ν0  und
  • der Amplitude  gd(t=0)=g0.


Hinweis:   Der Beweis folgt auf der  nächsten Seite.


Zur Verdeutlichung des ersten Nyquistkriteriums

Beispiel 2:  Skizziert sind zwei Nyquistspektren  G1(f)  und  G2(f), die sich aus rechteckförmigen und dreieckförmigen Teilstücken zusammensetzen:

  • Das links skizzierte rein reelle Spektrum
G1(f)={g0T0fürfür|f|<1/(2T),|f|>1/(2T)
erfüllt die oben formulierte Bedingung und zwar mit der kleinstmöglichen Bandbreite. Allerdings klingt der dazugehörige Nyquistimpuls  g1(t)=g0si(πt/T)  sehr langsam ab, nämlich asymptotisch mit  1/t.
  • Der rechts oben dargestellte Realteil des Spektrums  G2(f)  wurde aus dem Rechteckspektrum  G1(f)  durch Verschiebung von Teilstücken um  1/T  nach rechts oder links konstruiert.


G2(f)  ist ebenfalls ein Nyquistspektrum wegen

+k=Re[G2(fk/T)]=g0T,+k=Im[G2(fk/T)]=0.
  • Beim Imaginärteil heben sich die jeweils gleich schraffierten Anteile, die jeweils um  2/T  auseinander liegen, auf.
  • Die Angabe des dazugehörigen Nyquistimpulses  g2(t)  ist allerdings sehr kompliziert.


Beweis des ersten Nyquistkriteriums


(1)   Wir gehen von der ersten Nyquistbedingung im Zeitbereich aus:

gNyq(νT)={g00f¨urf¨urν=0,ν0.

(2)   Aus dem zweiten Fourierintegral erhält man somit für  ν0:

gNyq(νT)=+GNyq(f)ej2πfνTdf=0.

(3)   Zerlegt man das Fourierintegral in Teilintegrale der Breite  1/T, so lauten die Bedingungsgleichungen:

+k=(k+1/2)/T(k1/2)/TGNyq(f)ej2πfνTdf=0.

(4)   Mit der Substitution  f=f+k/T  folgt daraus:

+k=1/(2T)1/(2T)GNyq(fkT)ej2π(fk/T)νTdf=0.

(5)   Für alle ganzzahligen Werte von  k  und  ν  gilt:

ej2πkν=1+k=1/(2T)1/(2T)GNyq(fkT)ej2πfνTdf=0.

(6)   Durch Vertauschen von Summation und Integration sowie Umbenennen von  f  in  f  folgt weiter:

1/(2T)1/(2T)+k=GNyq(fkT)ej2πfνTdf=0.

(7)   Diese Forderung ist für alle  ν0  nur dann zu erfüllen, wenn die unendliche Summe unabhängig von  f  ist, also einen konstanten Wert besitzt:

+k=GNyq(fkT)=KNyq.

(8)   Aus der vorletzten Gleichung erhält man gleichzeitig für  ν=0:

1/(2T)1/(2T)+k=GNyq(fkT)df=KNyq1T=g0KNyq=g0T.


1/T–Nyquistspektren


Besondere Bedeutung für die Digitalsignalübertragung haben solche Nyquistspektren, die auf den Frequenzbereich  1/Tf+1/T  beschränkt und zusammenhängend sind. Die Grafik zeigt mit der Trapez–Charakteristik und der Cosinus–Rolloff–Charakteristik zwei diesbezügliche Varianten.

1/T-Nyquistspektren

Für beide Nyquistspektren gilt in gleicher Weise:

  • Der Flankenabfall erfolgt zwischen den zwei Eckfrequenzen  f1  und  f2  punktsymmetrisch um die Nyquistfrequenz  fNyq=(f1+f2)/2. Das heißt, dass für  0ffNyq  gilt:
GNyq(fNyq+f)+GNyq(fNyqf)=g0T.
  • GNyq(f)  ist für alle Frequenzen  |f|f1  konstant gleich  g0T  und für  |f|f2  identisch Null. Im Bereich zwischen  f1  und  f2  gilt:
GNyq(f)g0T={f2|f|f2f1cos2(π2f2|f|f2f1)beimTrapez,beimCosinusRolloff.
  • Zur Parametrisierung der Flankensteilheit verwenden wir den Rolloff–Faktor  r, der Werte zwischen  0  und  1  (einschließlich dieser Grenzen) annehmen kann:
r=f2f1f2+f1.
  • Für  r=0   ⇒   f1=f2=fNyq  ergibt sich das (grün–gepunktete) Rechteck-Nyquistspektrum.
  • Der Rolloff-Faktor  r=1   ⇒   f1=0, f2=2fNyq  steht für ein dreieckförmiges  bzw.  ein cos2–Spektrum – je nachdem, von welcher der beiden oben abgebildeten Grundstrukturen man ausgeht. Diese Frequenzverläufe sind jeweils rot–gestrichelt eingezeichnet.


Hinweis:   In der Literatur wird der Rolloff–Faktor teilweise auch mit  α  („alpha”) bezeichnet.


Zeitbereichsbeschreibung der 1/T–Nyquistspektren


Betrachten wir nun die Nyquistimpulse. Beim  trapezförmigem Spektrum  mit Rolloff–Faktor  r  erhält man:

gTrapez(t)=g0si(πtT)si(πrtT)mitsi(x)=sin(x)/x.

Dagegen liefert die Fourierrücktransformation des  Cosinus–Rolloff–Spektrums (kurz:   CRO–Spektrum):

gCRO(t)=g0si(πtT)cos(πrt/T)1(2rt/T)2mitsi(x)=sin(x)/x.

Diese beiden Nyquistimpulse kann man mit dem interaktiven Applet  Frequenzgang und Impulsantwort  (mit der Einstellung  Δf=1)  betrachten und sich dabei den Einfluss des Rolloff–Faktors  r  verdeutlichen.

Die folgende obere Grafik zeigt den Nyquistimpuls mit Trapezspektrum für verschiedene Rolloff–Faktoren. Unten ist der entsprechende Zeitverlauf für das Cosinus–Rolloff–Spektrum dargestellt. Man erkennt:

Nyquistimpulse mit Trapez- und Cosinus-Rolloff-Spektrum
  • Je kleiner der Rolloff–Faktor  r  ist, desto langsamer erfolgt der Abfall des Nyquistimpulses. Diese Aussage trifft sowohl für das Trapez– als auch für das Cosinus–Rolloff–Spektrum zu.
  • Im Grenzfall  r0  ergibt sich in beiden Fällen das rechteckförmige Nyquistspektrum und der  si–förmige Nyquistimpuls, der asymptotisch mit  1/t  abklingt (dünne grüne Kurven).
  • Bei einem mittleren Rolloff  (r0.5)  sind die ersten Überschwinger beim Trapezspektrum geringer als beim CRO–Spektrum, da hier bei gegebenem  r  die Nyquistflanke flacher verläuft (blaue Kurven).
  • Mit dem Rolloff–Faktor  r=1  wird im Frequenzbereich aus dem Trapez ein Dreieck und aus dem CRO–Spektrum das Cosinus–Quadrat–Spektrum. In den Grafiken auf der  letzten Seite  sind diese Spektralfunktionen rot gezeichnet.
  • Mit  r=1  erfolgt der asymptotische Abfall der oberen Zeitfunktion (gemäß dem Trapezspektrum) mit  1/t2  und der Abfall der unteren Zeitfunktion (gemäß dem CRO–Spektrum) mit  1/t3.
  • Das bedeutet:   Nach längerer Zeit ist der CRO–Nyquistimpuls besser eingeschwungen als der Trapez–Nyquistimpuls.


Zweites Nyquistkriterium


Vor der exakten mathematischen Definition soll anhand von Grafiken veranschaulicht werden, welche Bedeutung das zweite Nyquistkriterium zur Bewertung eines Digitalsystems besitzt. In der Grafik sind für drei Beispiele von Nyquistsystemen jeweils dargestellt:

  • oben das Nyquistspektrum  Gd(f),
  • unten das dazugehörige Augendiagramm im Vorgriff auf das  dritte Hauptkapitel.


Zur Verdeutlichung von erstem und zweitem Nyquistkriterium

Interpretation:

  • Die linke Grafik zeigt das Augendiagramm eines Nyquistsystems mit Cosinus–Rolloff–Charakteristik, wobei der Rolloff–Faktor  r=0.5  gewählt wurde. Da hier das erste Nyquistkriterium erfüllt ist (es besteht eine Punktsymmetrie um die Nyquistfrequenz  fNyq, ergibt sich für die vertikale Augenöffnung zum Zeitpunkt  t=0  der größtmögliche Wert  2gd(0). Alle Augenlinien gehen zum Zeitpunkt  t=0  durch einen der beiden rot markierten Punkte   ⇒   das Auge ist vertikal maximal geöffnet.


  • Das mittlere Spektrum weist keine Symmetrie bezüglich des Flankenabfalls auf, so dass hier das erste Nyquistkriterium nicht erfüllt ist – im Gegensatz zum zweiten. Alle Augenlinien schneiden hier die Zeitachse zu den selben Zeiten (markiert durch die grünen Punkte), was beispielsweise die Taktwiedergewinnung mittels einer PLL (Phase-Locked Loop ) erleichtert. Bei Erfüllung des zweiten Nyquistkriteriums ist die horizontale Augenöffnung maximal gleich der Symboldauer T   ⇒   das Auge ist horizontal maximal geöffnet.


  • Das rechte Augendiagrammm verdeutlicht, dass beim CRO–Spektrum mit  r=1  sowohl das erste als auch das zweite Nyquistkriterium erfüllt werden. Der Nyquistimpuls
gd(t)=g0π4si(πtT)[si(π(tT+12)+si(π(tT12)]
weist hier die erforderlichen Nulldurchgänge bei  t=±T,  t=±1.5T,  t=±2T,  t=±2.5T, ... auf, nicht jedoch bei  t=±0.5T. Die Impulsamplitude ist  gd(t=0)=g0.    Hinweis:   Kein anderer Impuls erfüllt gleichzeitig das erste und das zweite Nyquistkriterium.


Zusammenfassung der Nyquistkriterien:

(1)   In Erinnerung an den Physiker  Harry Nyquist  bezeichnen wir einen Detektionsgrundimpuls  gd(t)  mit den Eigenschaften

gd(t=0)0,gd(t)=0f¨urt=±T,±2T,±3T,...
als Nyquist–1–Impuls  gNyq1(t). Dieser erfüllt das erste Nyquistkriterium und führt zur maximalen vertikalen Augenöffnung.

(2)   Ein Impuls  gNyq2(t), der das zweite Nyquistkriterium erfüllt, muss Nulldurchgänge bei  t=±1.5T,  t=±2.5T, ...  besitzen:

gd(t=0.5)0,gd(t)=0f¨urt=±1.5T, ±2.5T, ±3.5T,...
Ein solcher Nyquist–2–Impuls führt zur maximalen horizontalen Augenöffnung.

(3)   Ein Nyquist–2–Impuls kann immer als Summe zweier um  t=±T/2  verschobener Nyquist–1–Impulse dargestellt werden:

gNyq2(t)=gNyq1(t+T/2)+gNyq1(tT/2).

(4)   Im Frequenzbereich lautet das zweite Nyquistkriterium (siehe [ST85] [1]):

+k=Gd(fk/T)cos(πfTkπ)=const.


Beispiel 3:  Ausgehend vom Nyquist–1–Impuls  gNyq1(t)=g0si(πt/T)  lautet der dazugehörige Nyquist–2–Impuls:

gNyq2(t)=g0[si(πt+T/2T)+si(πtT/2T)]=2g0πcos(πt/T)1(2t/T)2.
  • Aufgrund der Begrenzung des Spektrums  GNyq1(f)  auf den Bereich  |f|fNyq=1/(2T)  beschränkt sich in obiger Gleichung (4) die Summe auf den Term mit  k=0  und man erhält:
GNyq2(f)={g0Tcos(π/2f/fNyq)0f¨ur|f|<fNyq,sonst.
  • Dieser Frequenzverlauf und das dazugehörige Augendiagramm ist in in der mittleren Spalte der obigen Grafik skizziert.
  • Aus der unteren Grafik erkennt man deutlich die Erfüllung des zweiten Nyquistkriteriums.


Aufgaben zum Kapitel


Aufgabe 1.4: Nyquistkriterien

Aufgabe 1.4Z: Komplexes Nyquistspektrum

Aufgabe 1.5: Cosinus-Quadrat-Spektrum

Quellenverzeichnis

  1. Söder, G.; Tröndle, K.: Digitale Übertragungssysteme - Theorie, Optimierung & Dimensionierung der Basisbandsysteme. Berlin – Heidelberg: Springer, 1985.