General Description of ISDN

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# ÜBERBLICK ZUM ERSTEN HAUPTKAPITEL #


$\rm I$ntegrated $\rm S$ervices $\rm D$igital $\rm N$etwork – kurz ISDN – war das erste einheitliche digitale Netz für Sprache, Texte, Daten, Bilder, Video und Multimediakommunikation.

ISDN wurde Ende der 1980er Jahre eingeführt und hatte im Jahre 2004 etwa 25 Millionen Benutzer in Deutschland. ISDN hat im Vergleich zu den vorher üblichen analogen Telekommunikationsverfahren

  • viele neue oder erweiterte Dienste angeboten,
  • eine schnellere Übertragung,
  • eine bessere Sprachqualität, und
  • eine einfachere Nutzung von Mehrgeräten.


Das ISDN–Konzept und die Umsetzung werden im vorliegenden Kapitel dargestellt und erläutert, insbesondere werden behandelt:

  • eine allgemeine Beschreibung von ISDN,
  • die Dienste und Dienstmerkmale des ISDN,
  • die ISDN–Netzinfrastruktur und die verschiedene Anschlussarten,
  • die logischen Kanäle und Schnittstellen von ISDN,
  • die wichtigsten Übertragungscodes bei ISDN, und
  • Breitband–ISDN als eine Weiterentwicklung.


Zum Zeitpunkt der letzten Überarbeitung dieses Buches (2017) darf aber nicht verschwiegen werden, dass ISDN auch in Deutschland keine große Zukunft mehr haben wird – in anderen Ländern hatte es nie diese Bedeutung wie hier.

  • Die Deutsche Telekom hat verkündet, dass ISDN 2018 abgeschaltet und durch das  Next Generation Network  (NGN) mit paketvermittelter Netzinfrastruktur ersetzt wird.
  • Spätestens 2022 wird Vodafone diesem Beispiel folgen.

Ziele und Merkmale von ISDN


Der seit Ende der 1980er Jahre etablierte Standard  $\rm ISDN$  (Integrated Services Digital Network)  ist ein dienstintegriertes digitales Kommunikationsnetz mit dem Ziel,

  • die bis dahin übliche analoge Signalübertragung über Telefonleitungen zu digitalisieren und dadurch eine bessere Sprachqualität zu erzielen,
  • die für die analoge Signalübertragung vorhandene Netzinfrasruktur – insbesondere die für teueres Geld über viele Jahre verlegten Kupferkabel – weiter zu nutzen,
  • verschiedene Informationsquellen wie Sprache, Texte, Daten und Videos, aber auch die aufkommende Multimediakommunikation in einem einzigen Netz zu integrieren,
  • unterschiedliche Fernmeldedienste wie Telefonieren, Faxen, Internetsurfen und vieles mehr über das bestehende Leitungsnetz gleichzeitig zu ermöglichen,
  • die Zahl der erforderlichen Leitungen möglichst gering zu halten, ohne dadurch die Qualität der Übertragung zu beeinträchtigen, und schließlich
  • eine Datenrate von  $\text{64 kbit/s}$  bereitzustellen, die bei der ISDN–Einführung auch für den Datenverkehr als ausreichend angesehen wurde.


Man unterscheidet bei ISDN zwischen

  • dem  ISDN-Basisanschluss  mit zwei so genannten  B–Kanälen  (Bearer Channels)  zu je  $\text{64 kbit/s}$  und einem  D–Kanal  (Data Channel) mit  $\text{16 kbit/s}$, und
  • dem  ISDN–Primärmultiplexanschluss  mit dreißig  B–Kanälen sowie je einem Signalisierungs– und Synchronisationskanal, jeweils mit  $\text{64 kbit/s}$.


Durch Bündelung zweier Kanäle konnte die Datenrate auf  $\text{128 kbit/s}$  erhöht werden.

  • Seit der ISDN–Einführung im März 1989 wurde zudem die Qualität der Sprachübertragung sowie die Bitfehlerquote bei der Datenübermittlung stetig verbessert.
  • Durch das 1994 standardisierte  Breitband–ISDN  (B–ISDN) auf ATM–Basis sind auch noch deutlich höhere Datenraten möglich.


Dienste und Dienstmerkmale von ISDN


Die verfügbaren ISDN–Dienste können in zwei Gruppen aufgeteilt werden:

Übermittlungsdienste und Teledienste bei ISDN

Übermittlungsdienste  (englisch:  Bearer Services) dienen dem Informationstransport und sichern die Datenübertragung und –vermittlung zwischen den Zugangsschnittstellen des Netzes. Dies entspricht Festlegungen in den drei ersten Schichten des  OSI–Referenzmodells:

  •  $\rm PL$  (Physical Layer),
  •  $\rm DL$  (Data Link Layer),und
  •  $\rm NL$  (Network Layer).


Zu den Übermittlungsdiensten gehören

  • leitungsvermittelte Dienste, zum Beispiel
Datenübertragung mit 64 kbit/s (auf dem S0–Bus oder über den Terminaladapter X21) sowie Audioübertragung (Sprache und Musik bis 3400 Hz) wie beim analogen Telefonnetz,
  • paketvermittelte Dienste – zum Beispiel der Zugang zum Paketnetz im B–Kanal.


Teledienste  (englisch:  Tele Services) umfassen auch die Endeinrichtungen. Sie sind also Ende–zu–Ende–Dienste. Dazu gehören

  • vermittlungstechnische Funktionen und Protokolle in den Schichten 1 bis 3, sowie
  • Funktionen zur Steuerung der Kommunikationsprozesse in den Schichten 4 bis 7 des OSI–Referenzmodells.


Die wichtigsten Teledienste sind:

  • ISDN–Fernsprechen  mit einer Bandbreite von 3.1 kHz oder 7 kHz (bei B–ISDN) – auch mit Übergängen zum analogen Festnetz und zu Funknetzen,
  • ISDN–Teletext  mit 64 kbit/s und Übergängen zu den Telebox–Diensten (Briefkasten), T–Online–Diensten und Datex–L/P–Diensten,
  • ISDN–Telefax, z. B. Fernkopierer der Gruppe 4 mit Übergängen zur Gruppe 3,
  • ISDN–Mixed Mode, worunter man die gemischte, gleichzeitige Datenübertragung von Texten und Bildern versteht,
  • ISDN–T–Online  mit 64 kbit/s und Übergängen zu T–Online im analogen Telefonnetz sowie zu Telefax der Gruppe 3 und 4,
  • Videotelefonie  – in der Praxis allerdings lediglich als langsame Bewegtbildübertragung möglich,
  • Datenkommunikation  mit standardisierten Protokollen, wie z. B. der Dateientransfer mit FTAM (vergleichbar, aber technisch nicht identisch zum Internet–Dienst FTP).


$\text{Fazit:}$  Die  Dienstmerkmale  als Teilmengen eines Dienstes lassen sich in drei Kategorien unterteilen:

  1. Anschluss–Dienstmerkmale:   Wähl– oder Festverbindung, Leitungs– oder Paketvermittlung sowie die Endgeräteauswahl auf dem S0–Bus,
  2. Verbindungs–Dienstmerkmale:   schneller Verbindungsaufbau oder Konferenzverbindung,
  3. Informations–Dienstmerkmal:  Veranstaltungshinweise, Identifizieren anderer Teilnehmer, Anzeige von Gebühren und Tarifen.


Netzinfrastruktur für das ISDN


Das Anfang der 1980er Jahren konzipierte ISDN sollte aus Kostengründen das vorhandene analoge Telefonnetz nutzen. Der größte Kostenfaktor der gesamten Infrastruktur stellt der Teilnehmeranschlussbereich zwischen Ortsvermittlungsstelle (OVSt) bzw. einem Hauptverteiler (HVt) und den Teilnehmern dar, da sich in diesem Bereich das Netz maximal verzweigt. In Deutschland ist diese so genannte „Last Mile” im Landesdurchschnitt kürzer als 4 Kilometer, in städtischen Gebieten zu 90% sogar kürzer als 2.8 km.

Aufgrund der topologischen Gegebenheiten verzweigt sich das Telefonnetz sternförmig zum Endkunden hin immer mehr. Um nicht für jeden Teilnehmer ein separates Kupferkabel zur Ortsvermittlungsstelle legen zu müssen, wurden Verzweiger zwischengeschaltet und die Leitungen in entsprechend großen Kabeln gebündelt.

Struktur des Teilnehmeranschlussbereichs

Der  Teilnehmeranschlussbereich  setzt sich deshalb meist wie folgt zusammen:

  • das  Hauptkabel  mit bis zu 2000 Doppeladern zwischen Ortsvermittlungsstelle (OVSt) bzw. dem Hauptverteiler und einem Kabelverzweiger (KVZ),
  • das  Verzweigungskabel  zwischen KVZ und Endverzweiger (EVZ) mit bis zu 300 Doppeladern und mit maximal 500 Meter deutlich kürzer als ein Hauptkabel,
  • das  Hausanschlusskabel  zwischen Endverzweiger und der Netzabschlussdose beim Teilnehmer mit zwei Doppeladern.



Hauptbündel, Grundbündel und Sternvierer








Um die induktiven und kapazitiven Beeinflussungen von benachbarten Leitungspaaren zu vermindern und damit die Packungsdichte zu erhöhen, werden zwei Doppeladern jeweils zu einem so genannten  Sternvierer  verseilt.


Die Abbildung zeigt einen solchen Sternvierer und ein Bündelkabel. Im dargestellten Beispiel werden

  • je fünf solcher Vierer zu einem Grundbündel, und
  • je fünf Grundbündel zu einem Hauptbündel zusammengefasst. Das Kabel beinhaltet 50 Doppeladern mit PE–Isolierung.


Dämpfungsverhalten von Kupferkabeln


Im Bereich der Deutschen Bundespost  (heute: Deutsche Telekom)  wurden in der Vergangenheit Kupfer–Zweidrahtleitungen – in Netzplänen meist mit „Cu” bezeichnet – mit Aderndurchmessern von 0.35 mm, 0.4 mm und 0.5 mm verlegt.

  • Im Kapitel „Eigenschaften elektrischer Leitungen” des Buches  Lineare zeitinvariante Systeme  werden die elektrischen Eigenschaften von Kupferleitungen im Detail beschrieben.
  • Hier beschränken wir uns auf einige wenige Eigenschaften, die im Hinblick auf ihre Verwendung bei ISDN von Interesse sind.


Dämpfungsverlauf einer 0.4mm-Zweidrahtleitung

Alle folgenden Aussagen beziehen sich auf Leitungen mit 0.4 mm Durchmesser.

Für diese wurden zum Beispiel in  [PW95][1]  folgender empirisch gefundener Dämpfungs– und Phasenverlauf angegeben, wobei  $l$  die Leitungslänge bezeichnet:

$${a_{\rm K}(f)}/{ {\rm dB}} = \left [ 5.1 + 14.3 \cdot \left ({f}/{ {\rm MHz}}\right )^{0.59}\right ]\cdot{l}/{ {\rm km}} \hspace{0.05cm},$$
$${b_{\rm K}(f)}/{ {\rm rad}} = \left [ 32.9 \cdot \frac{f}{ {\rm MHz}} + 2.26 \cdot \left ({f}/{ {\rm MHz}}\right )^{0.5}\right ]\cdot{l}/{ {\rm km}} \hspace{0.05cm}.$$

Mit dem interaktiven Applet  Dämpfung von Kupferkabeln  können Sie sich den Dämpfungsverlauf von symmetrischen Leitungen und Koaxialkabeln mit unterschiedlichen Abmessungen ansehen und mit einem weiteren Applet das  Zeitverhalten von Kupferkabeln.
In der Grafik ist für die Leitungslängen  $l = 1 \ \rm km$,  $l = 2 \ \rm km$  und  $l = 4 \ \rm km$  bei  $\text{0.4 mm}$  Leitungsdurchmesser der Dämpfungsverlauf im Frequenzbereich bis  $1 \ \rm MHz$  dargestellt. Man erkennt aus diesem Diagramm:

  • Die Dämpfungsfunktion  $a_{\rm K}(f)$  liegt für einen Kilometer Kabellänge zwischen  $5.1 \ \rm dB$  $($bei $f = 0)$  und  $19.4 \ \rm dB$  $($bei  $f = 1 \ \rm MHz)$  und ist proportional zur Kabellänge. Bei  $l = 4 \ \rm km$  vervierfachen sich diese Werte.
  • Kabel mit  $4 \ \rm km$  Länge treten bei ISDN höchstens auf dem  $\rm U_{\rm K0}$–Bus auf, also auf der Verbindung zwischen Ortsvermittlungsstelle und Endverzweiger. Aufgrund der 4B3T–Codierung beträgt hier die Symbolfolgefrequenz nur  $120 \ \rm kHz$.
  • In der Grafik ist dieser ISDN–relevante Bereich gelb hinterlegt. Bei  $f = 120 \ \rm kHz$  und  $l = 4 \ \rm km$  beträgt die Dämpfung ca.  $37 \ \rm dB$, ist also im Vergleich zum breitbandigen  DSL  (Digital Subscriber Line)  eher moderat. Das bedeutet:   Für ISDN ist die Kabeldämpfung unkritisch.
  • Der obige Dämpfungsverlauf gilt nur für das Übertragungsmedium „Zweidrahtleitung”. Im ISDN–Zugangsnetz gibt es aber daneben auch Übertrager mit der Konsequenz, dass darüber Gleichsignalanteile nicht übertragen werden können.
  • Für das ISDN–System bedeutet diese Tatsache, dass im Zugangsnetz  (auf dem  $\rm U_{\rm K0}$–Bus)  durch eine Leitungscodierung – genauer gesagt durch den  4B3T–Code  – die Gleichsignalfreiheit des Sendesignals gewährleistet werden muss.
  • Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass bei Zweidrahtleitungen in Kabelbündeln das  Nebensprechen von benachbarten Adern  die dominante Störquelle darstellt und nicht etwa das thermische Rauschen wie bei einem Koaxialkabelsystem.
  • Deshalb kann hier die Bitfehlerwahrscheinlichkeit nicht durch eine Erhöhung der Sendeleistung abgesenkt werden, da man durch einen höheren Pegel das Störsignal (für andere Doppeladern) in gleicher Weise verstärken würde wie das Nutzsignal.
  • Von den Nebensprechstörungen ist  Nahnebensprechen  kritischer als Fernnebensprechen. Nahnebensprechen ergibt sich, wenn zwei benachbarte Doppeladern in unterschiedliche Richtung betrieben werden, so dass der gestörte Empfänger örtlich nahe beim störenden Sender liegt. Dagegen wird bei Fernnebensprechen die induzierte Störleistung durch die Kabeldämpfung merklich abgeschwächt und hat so geringere Auswirkungen.


Vierdraht– und Zweidrahtübertragung


Eine Kommunikationsverbindung arbeitet meist – so auch bei ISDN – im  Vollduplexbetrieb, das heißt, die beiden Kommunikationspartner senden kontinuierlich und unabhängig voneinander.

  • Um diese Betriebsart zu gewährleisten, sind verschiedene Varianten möglich, die in der Grafik dargestellt sind.
  • Die Sende– und Empfangseinrichtung beim Kunden  $($Teilnehmer  $\rm A)$  wird als Network Termination  (NT) bezeichnet,
  • die entsprechende Gegenstelle in der Ortsvermittlungsstelle heißt Line Termination (LT).
Vierdraht- und Zweidrahtübertragung


Es gibt zwei Möglichkeiten für einen solchen Vollduplexbetrieb:

  • Man kann die Kommunikation von  $\rm A$  →  $\rm B$  und die Gegenrichtung von  $\rm B$  →  $\rm A$  über getrennte Leitungen realisieren. Eine solche Vierdrahtübertragung wird bei ISDN im Hausanschlussbereich – dem sogenannen  $\rm S_{\rm 0}$–Bus – angewendet, wobei für jede Richtung eine Doppelader zur Verfügung gestellt wird.
  • Ökonomischer ist die gemeinsame Nutzung einer Doppelader für beide Richtungen – also die so genannte  Zweidrahtübertragung. Diese wird bei ISDN im Zugangsnetz – auf dem  $\rm U_{\rm K0}$–Bus – angewendet. Da für beide Richtungen der gleiche Frequenzbereich benutzt wird, spricht man auch vom  Zweidraht–Frequenzgleichlageverfahren.


$\text{Fazit:}$ 

  • Bei der  Vierdrahtübertragung  kann es über die ersten Meter der Leitung durch induktive oder kapazitive Kopplungen zu Nahnebensprechen (siehe vorherige Seite) kommen, das heißt, der Sender stört den eigenen Empfänger.
  • Bei der  Zweidrahtvariante  ist die interne Reflexion des Sendesignals in den (eigenen) Empfänger die dominante Störungsursache, die bei schmalbandigen Sendesignalen (beispielsweise Sprache) durch eine  Gabelschaltung  vermieden oder vermindert werden kann. Bei Breitbandsignalen sind zusätzlich aufwändige adaptive Verfahren zur Echokompensation erforderlich.


Einige Grundlagen von PCM


Das ISDN–Konzept basiert weitgehend auf der  Pulscodemodulation  (PCM), deren Grundzüge schon 1938 von  Alec Reeves  entwickelt wurden. Dieses wichtige Grundlagengebiet für die digitalen Modulation und die Digitalsignalübertragung wird im Buch  Modulationsverfahren  detailliert beschrieben. Hier folgt eine kurze Zusammenfassung in Hinblick auf die Verwendung bei ISDN.

PCM-Blockschaltbild

Die Grafik zeigt das Blockschaltbild des PCM–Übertragungssystems, das an die Gegebenheit bei ISDN angepasst ist. Man erkennt:

  • Das analoge (das heißt:  wert– und zeitkontinuierliche) Quellensignal  $q(t)$  wird durch die drei Funktionsblöcke  Abtastung – Quantisierung – PCM–Codierung  in das Binärsignal  $q_{\rm C}(t)$  gewandelt. In der Grafik ist dies im oberen Signalpfad dargestellt.
  • Der grau hinterlegte Block zeigt das  „Digitale Übertragungssystem”  mit Sender, Kanalverzerrungen und Rauschaddition sowie dem Digitalempfänger, der unter anderem einen Entscheider beinhaltet. Das Kanalausgangssignal  $v_{\rm C}(t)$  ist wie  $q_{\rm C}(t)$  ein Binärsignal.
  • Im unteren Zweig erkennt man den PCM–Decoder mit dem zeitdiskreten, nun aber höherstufigen Ausgangssignal  $v_{\rm Q}(t)$. Anschließend folgt die  Signalrekonstruktion  zur Gewinnung des Analogsignals  $v(t)$, wozu ein idealer, rechteckförmiger Tiefpass ausreicht.
  • Für die Quantisierung gibt es empfängerseitig keine Entsprechung. Das heißt:  Die beim Sender unvermeidbaren Quantisierungsfehler sind irreversibel. Deshalb gilt bei PCM wie bei jeder Form von Digitalsignalübertragung grundsätzlich  $v(t) ≠ q(t)$.
  • Ein wichtiger Quantisierungsparameter ist die Stufenzahl  $M = 2^N$, wobei  $N$  die Anzahl der für einen Abtastwert erforderlichen Binärzeichen angibt. Je größer  $N$  ist, desto weniger stark ist der störende Einfluss der Quantisierung und um so höher die Qualität des PCM–Systems.


Alle diese Aussagen gelten für PCM allgemein. Nun werden die Besonderheiten der Pulscodemodulation bei ISDN genannt.

$\text{Pulscodemodulation bei ISDN:}$  Die Abtastung im Zeitabstand  $T_{\rm A}$  erfolgt entsprechend dem  Abtasttheorem. Dieses besagt:

  • Besitzt das Spektrum  $Q(f)$  des analogen Quellensignals Anteile bis zur Frequenz  $f_{\rm NF, \hspace{0.05cm}max}$, so muss für die Abtastrate gelten:
$$f_{\rm A} = \frac{1}{T_{\rm A} } \ge 2 \cdot f_{\rm NF, \hspace{0.05cm}max} \hspace{0.05cm}.$$
  • ISDN–Telefonsignale enthalten Spektralanteile zwischen  $300 \ \rm Hz$  und  $3400 \ \rm Hz$ und die Abtastrate beträgt  $f_{\rm A} = 8 \ \rm kHz$   ⇒   $T_{\rm A} = 125 \ \rm µ s$. Somit ist das Abtasttheorem erfüllt.


Wie bereits erwähnt, führt die Quantisierung auf  $M$  mögliche Signalwerte zu irreversiblen Fehlern. Wegen der nachfolgenden binären PCM–Codierung wird für  $M$  stets eine Zweierpotenz gewählt. Damit lässt sich jeder der  $M$–stufigen Eingangswerte durch  $N = \log_2 \hspace{0.05cm} (M)$  Binärsymbole (Bit) darstellen.

Bei dieser Dimensionierung ist zu beachten:

  • Das Quantisierungs–Signal–zu–Störleistungsverhältnis ist  $ρ_{\rm Q} ≈ M^2 = 2^{2N}$. Diese Größe beschreibt das resultierende SNR  $ρ_v$  an der Sinke unter der Voraussetzung, dass nicht zusätzlich noch Übertragungsfehler auftreten. Bei Berücksichtigung von Störungen  (bzw. Rauschen)  ist das Sinken–SNR  $ρ_v$  stets kleiner als das Quantisierungs–SNR  $ρ_{\rm Q}$.
  • Durch große Werte von  $M$  bzw.  $N$  kann man die PCM–Qualität auf Kosten des Aufwands, der Übertragungsrate und der damit erforderlichen HF–Bandbreite erhöhen. Bei ISDN wurde mit  $N = 8$   ⇒   $M = 256$  ein (für die 1990er Jahre) guter Kompromiss zwischen wünschenswerter Qualität und erforderlicher Bitrate standardisiert.
  • Die ISDN–Bitrate (für jeden der beiden B–Kanäle) beträgt entsprechend den obigen Angaben  $8 · 8000 \ \rm 1/s = 64 \ kbit/s$. Das Quantisierungs-SNR ist somit gleich
$$\rho_{\rm Q} = 2^{16}\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm}\rho_{\rm Q}= 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm}2^{16}\approx 48\,{\rm dB} \hspace{0.05cm}.$$
  • Bei CD–Qualität  $(N = 16 \ ⇒ \ M = 65536)$  würde sich  $10 · \lg ρ_{\rm Q} ≈ 96 \ \rm dB$  ergeben. Dazu müsste allerdings die Bitrate auf  $128 \ \rm kbit/s$  verdoppelt werden.


Betrachten wir nun den grauen Block im PCM-Blockschaltbild. Bei ISDN beinhaltet der Sender keinen Modulator zur Frequenzumsetzung und der Empfänger keinen Demodulator. Das heißt:  ISDN ist ein  Basisbandübertragungssystem  mit folgenden Besonderheiten:

  • Beim ISDN–Übertragungssystem wird ein redundantes ternäres Sendesignal  $s(t)$  verwendet, wobei auf der  $S_0$–Schnittstelle (Hausanschluss) der modifizierte AMI–Code zum Einsatz kommt und auf der  $U_{\rm K0}$–Schnittstelle (Zugangsnetz) ein 4B3T–Code.
  • Die dominante Störung  $n(t)$  ist das Nahnebensprechen von benachbarten Leitungspaaren. Viele der im Buch  Digitalsignalübertragung  für AWGN–Rauschen angegebenen Aussagen gelten bei dieser Störungsart nur bedingt.


Entstehung und historische Entwicklung


Nachfolgend sind einige Daten zur historischen Entwicklung der digitalen Übertragungstechnik und Vermittlungstechnik – insbesondere von ISDN – zusammengestellt. Hierbei beschränken wir uns vorwiegend auf die Entwicklungen in Deutschland. Weitere Informationen hierüber findet man in  [Sie02][2].

  • Um 1970    Weltweit wird die Notwendigkeit digitaler Teilnehmeranschlüsse erkannt; dies ist der Anfang der digitalen Übertragungstechnik mit Pulscodemodulation.
  • 1979    Entscheidung der Deutschen Bundespost (DBP), alle Vermittlungsstellen zu digitalisieren.
  • Um 1980    Erste ISDN–Spezifikation durch Comité Consultatif International Téléphonique et Télégraphique (CCITT) – heute International Telecommunication Union (ITU).
  • 1982    Entscheidung der DBP für die Einführung von ISDN und Konkretisierung der Pläne. Bis zur Einführung dauert es aber noch sieben Jahre.
  • 1984/85    Die DBP nimmt die ersten digitalen Fern– und Ortsvermittlungsstellen in Betrieb.
  • 1987    Start zweier ISDN–Pilotprojekte der DBP in Mannheim und Stuttgart.
  • 1989    Offizieller Betriebsbeginn des nationalen ISDN am 08.03. auf der CeBIT in Hannover; Spezifikation eines europaweit einheitlichen ISDN (Euro–ISDN).
  • 1993/94    ISDN–Flächendeckung in den alten Ländern der Bundesrepublik Deutschland; Beginn des Breitband–ISDN-Pilotprojekts (ATM) der Deutschen Telekom.
  • 1995    Offizielle Einführung des europaweiten ISDN nach dem  DSS1–Standard  (Euro–ISDN).
  • 1996    Einführung des Breitband–ISDN–Regeldienstes.
  • 1998    Vollständig digitalisiertes Netz in Deutschland.


Die linke Grafik zeigt die Zunahme der ISDN–Teilnehmer in Deutschland (blaue Balken).

Zahl der Schmalband- und Breitbandanschlüsse in Deutschland um das Jahr 2000
  • Bereits 1999 wird die Zehnmillionen–Marke überschritten und 2002 gibt es schon 20 Millionen ISDN–Teilnehmer in Deutschland.
  • Im Jahr 2004 sind schon die Hälfte aller Schmalbandkanäle digital, nachdem die Zahl der analogen Telefonanschlüsse schon ab 2000 deutlich weniger wurden.
  • Aus der Grafik kann man aber auch eine gewisse Sättigung (mathematisch ausgedrückt:  eine negative zweite Ableitung) der ISDN–Kurve ablesen.
  • Dies hängt unmittelbar mit der Erfolgsgeschichte von  DSL  (Digital Subscriber Line) zusammen, die etwa 2001 beginnt.


Hierzu mehr im zweiten Hauptkapitel  dieses Buches.


Aufgaben zum Kapitel


Aufgabe 1.1: ISDN–Versorgungsleitungen

Aufgabe 1.2: ISDN und PCM

Quellenverzeichnis

  1. Pollakowski, M.; Wellhausen, H.W.: Eigenschaften symmetrischer Ortsanschlusskabel im Frequenzbereich bis 30 MHz. Mitteilung aus dem Forschungs- und Technologiezentrum der Deutschen Telekom AG, Darmstadt, Verlag für Wissenschaft und Leben Georg Heidecker, 1995.
  2. Siegmund, G.: Technik der Netze. 5. Auflage. Heidelberg: Hüthig, 2002.