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Entwicklung der Mobilfunkteilnehmer bis 2010
Während der letzten Jahre hat die Anzahl der Mobilanschlüsse drastisch zugenommen. Die Grafik zeigt für die Jahre 2004 bis 2010 bei den absoluten Zahlen der mobilen Endgeräte (rote Balken, linke Skala) eine Zunahme von 1.8 auf ca. 5 Milliarden weltweit. Die blauen Balken (linke Skala) zeigen die Entwicklung der Weltbevölkerung im gleichen Zeitraum. Die (prozentuale) Anzahl der Mobiltelefone (grüne Kurve, rechte Skala) bezogen auf die Weltbevölkerung ist in den Jahren 2004 bis 2010 von knapp 30% auf über 70% gestiegen. Dabei fließen natürlich Nutzer mit mehr als einem Mobiltelefon in die Statistik ein. 2010 besaßen also keineswegs 70% der Weltbevölkerung ein Mobiltelefon.
Überproportional zugenommen hat – insbesondere seit der Einführung von Flatratetarifen – die Nutzung mobiler Datendienste. Die folgende Aussagen beziehen sich auf das Jahr 2010:
- Der globale mobile Datenverkehr verzeichnete 2010 einen Zuwachs um 159 Prozent und ist damit deutlich stärker angestiegen als erwartet. Mobile Datenübertragung verursacht bereits jetzt mehr Netzwerkbelastung als die Sprachübertragung im Mobilfunknetz.
- Allein der mobile Datenverkehr war damit im Vergleichsjahr 2010 dreimal so groß wie das komplette Verkehrsaufkommen im Jahr 2000 (damals vorwiegend Sprachübertragung).
- Obwohl Smartphones 2010 nur 13 Prozent aller mobilen Endgeräte ausmachten, waren sie für 78 Prozent der Daten– und Sprachübertragung verantwortlich.
- Zu dieser Entwicklung haben auch 94 Millionen Laptop–Nutzer beigetragen, die das Internet unterwegs über UMTS–Modems nutzten. Ein solcher Laptop–Nutzer verursacht dabei im Mittel die 22–fache Datenmenge eines durchschnittlichen Smartphone–Benutzers.
Einige Eigenschaften von LTE
Das Kürzel LTE steht für Long Term Evolution und bezeichnet den neuen, UMTS nachfolgenden Mobilfunkstandard. Durch die konzeptionelle Neuentwicklung soll LTE auf lange Zeit („Long Term”) den sich immer weiter erhöhenden Bedarf an Bandbreite und nach höheren Geschwindigkeiten stillen.
Der LTE–Standard wurde erstmals 2008 als UMTS–Release 8 durch das 3GGP (Third Generation Partnership Project) – einem Konglomerat verschiedener internationaler Telekommunikationsverbände – definiert und wird seitdem kontinuierlich durch sogenannte „Releases” fortentwickelt. Durch das Bekenntnis der größten Mobilfunkanbieter weltweit ist LTE der erste (großteils) einheitliche Standard der Mobilfunktechnologie.
Man bezeichnet LTE entsprechend der UMTS–Release 8 auch als „3.9G”, da es die von der ITU (International Telecommunication Union) spezifizierten Bedingungen für den Mobilfunk der vierten Generation (4G) zunächst nicht ganz erfüllt. Das momentan neueste Release 10 (vom Juli 2011) genügt dagegen dem 4G–Standard. Im Kapitel 4.5 sind die Features dieser als LTE–A (LTE–Advanced) bezeichneten Technik angegeben.
Nachfolgend sind wichtige Systemeigenschaften von LTE stichpunktartig zusammengestellt. Einige der Aussagen entstammen der Internetseite ITWissen:
- LTE basiert auf den Mehrfachzugriffsverfahren OFDMA (Orthogonal Frequency Division Multiple Access) im Downlink bzw. SC–FDMA (Single Carrier Frequency Division Multiple Access) im Uplink. Die detaillierte Beschreibung von OFDMA und insbesondere auch dessen Unterschiede zu OFDM findet sich in Kapitel 4.3.
- Die Verwendung dieses Modulationsverfahrens ermöglicht Orthogonalität zwischen den einzelnen Nutzern, was in einer erhöhten Netzwerkkapazität resultiert Holma, H.; Toskala, A.: LTE for UMTS – OFDMA and SC–FDMA Based Radio Access. Wiley & Sons, 2009. Diese Technik ermöglicht in Verbindung mit Multiple Input Multiple Output (MIMO) derzeit (2011) Spitzendatenraten von 100 Mbit/s im Downlink.
- Neben der gegenüber dem 3G–System UMTS deutlich höheren Datenrate nutzt die LTE–Technik die zur Verfügung stehende Bandbreite effizienter aus. Durch die Kombination des aktuellsten Stands der Technologie mit den vorhandenen Erfahrungen von GSM und UMTS ist der neue Standard damit nicht nur sehr viel schneller, sondern zudem auch einfacher und flexibler Meyer, M.: Siebenmeilenfunk. c't 2010, Heft 25, 2010.
Motivation und Ziele von LTE
Das amerikanische Telekommunikationsunternehmen Cisco Systems ging 2010 in einem White Paper davon aus, dass im Jahre 2015
- die Nutzung mobiler Daten sechsundzwanzigmal höher sein wird als noch 2010,
- diese Nutzung dabei pro Jahr nochmals um 92% zunimmt, und
- die gigantische Menge von 6.3 Exabyte (6.3 · 1018 Byte) pro Monat erreicht wird.
Es wurde außerdem vorausgesagt, dass 2015 fünf Milliarden Menschen mit dem Internet verbunden sein werden Holma, H.; Toskala, A.: LTE for UMTS – OFDMA and SC–FDMA Based Radio Access. Wiley & Sons, 2009. Darüber hinaus werden aber gleichzeitig weitere kabellose Übertragungstechnologien entwickelt, die ebenso hohe Datenübertragungsraten versprechen. Alle diese Faktoren verlangten und verlangen nach einer Weiterentwicklung des 3GPP–Mobilfunkstandards „UMTS”.
Der Ericsson Mobility Report: Weltweite Prognose zur LTE-Abdeckung. PDF–Internetdokument, 2015 von 2015 zeigt, dass die Prognose von 2010 übertroffen wurde. 2014 gab es bereits 7.1 Milliarden mobile Teilnehmer mit Internetzugang, 2020 sollen es 9.2 Milliarden sein.
Das 3GPP–Konsortium hat früh mit der Definition der Ziele von LTE begonnen, um mit der rasanten Entwicklung bei leitungsbezogenen Verbindungen mithalten zu können. Die genauen Ziele wurden dann Ende 2004 in der LTE Release 6 vergleichend zur HSPA–Technologie (High Speed Packet Access) festgeschrieben. Als Hauptziele wurden genannt:
- Eine rein paketorientierte Übertragung und ein hohes Maß an Beweglichkeit und Sicherheit,
- geringere Komplexität, Kostenreduzierung und optimierte Batterielaufzeiten der Endgeräte,
- Bandbreitenflexibilität zwischen 1.5 MHz und 20 MHz,
- eine möglichst hohe spektrale Effizienz (Datenrate pro einem Hertz Bandbreite),
- maximal mögliche Datenraten von 100 Mbit/s im Downlink bzw. 50 Mbit/s im Uplink,
- Signaldurchlaufszeiten geringer als 10 Millisekunden.
Dies bedeutet eine Erhöhung der spektralen Effizienz um den Faktor zwei bis vier, eine Reduktion der Latenz auf die Hälfte und eine Verzehnfachung der maximalen Datenrate im Vergleich zu HSPA. Auf die einzelnen Punkte, die einen Großteil der LTE–spezifischen technischen Charakteristika darstellen, wird in Kapitel 4.2 noch genauer eingegangen.
Entwicklung der UMTS-Mobilfunkstandards hin zu LTE
Die Entwicklung der Mobilfunkstandards der dritten Generation wurde bereits im dritten Kapitel dieses Buches ausführlich thematisiert. Aus diesem Grund wird hier detailliert nur auf die neueren Entwicklungen eingegangen. Zunächst eine kurze unkommentierte Übersicht der UMTS Releases vor LTE aus Hindelang, T.: Mobile Communications.
Vorlesungsmanuskript. Lehrstuhl für Nachrichtentechnik, Technische Universität München, 2008.:
- Release 99 (Dezember 1999):
- UMTS 3G FDD und TDD; 3.84 Mchip/s; CDMA–Luftschnittstelle.
- Release 4 (Juli 2001):
- Niedrigere Chiprate (1.28 Mchip/s) bei TDD; einige Korrekturen und kleinere Verbesserungen.
- Release 5 (März 2002):
- IP Multimedia Subsystem (IMS); High-Speed Downlink Packet Access (HSDPA).
- Release 6 (März 2005):
- High-Speed Uplink Packet Access (HSUPA); Multimedia Broadcast&Multicast Services (MBMS); Kooperation mit Wireless LAN; Push–to–Talk; Generic Access Network (GAN).
- Release 7 (Dezember 2007):
- Verkleinerung der Latenzzeit; verbessertes Quality of Service (QoS); Echtzeitanwendungen (zum Beispiel VoIP, EDGE Evolution); MIMO bei UMTS; TDD–Option 7.68 Mchip/s.
Das Release 8 vom Dezember 2008 war gleichbedeutend mit der Einführung von Long Term Evolution (LTE) und die Basis für die erste Generation von LTE–fähigen Endgeräten. Die wichtigsten Neuerungen und Charakteristiken von Release 8 – zusammengefasst vom 3GPP – waren:
- Eine hohe spektrale Effizienz und sehr kurze Latenzzeiten,
- die Unterstützung verschiedener Bandbreiten,
- eine einfache Protokoll– und Systemarchitektur,
- Rückwärtskompatibilität und Kompatibilität zu anderen Systemen wie cdma2000,
- FDD (Frequency Division Duplex) und TDD (Time Division Duplex) wahlweise nutzbar,
- Unterstützung von Self-Organizing Networks (SON).
Auf diese Features (und einige andere mehr) wird in Kapitel 4.2 noch im Detail eingegangen. Release 9 enthält demgegenüber nur kleinere Verbesserungen und wird hier nicht näher betrachtet. Das momentan neueste Release 10 vom Juli 2011 beschreibt die Weiterentwicklung LTE–Advanced (LTE–A).
LTE–Frequenzbandaufteilung
Für LTE werden neue Frequenzen benötigt. In Deutschland wurden 2010 hierfür zwei Frequenzbereiche versteigert. Die Grafik veranschaulicht die Ergebnisse dieser Frequenzversteigerung.
- „Bereich um 800 MHz” (791 ... 862 MHz): Hier wurden nur gepaarte Spektren für FDD vergeben; je zweimal 10 MHz für die Telekom, O2 und Vodafone;
- „Bereich um 2.6 GHz” (2.5 ... 2.69 GHz): Hier wurden neben gepaarten Spektren für FDD (insgesamt 140 MHz) auch ungepaarte Spektren für TDD (50 MHz) vergeben. Mehr über den Unterschied zwischen FDD und TDD findet sich in Kapitel 4.2.
Die beiden versteigerten Frequenzbereiche haben unterschiedliche Systemeigenschaften, die sie jeweils interessant für verschiedene Anwendungsbereiche machen:
Der Bereich um 800 MHz wird auch als Digitale Dividende bezeichnet, da er durch die Umstellung der (terrestrischen) TV–Übertragung von PAL auf DVB–T („Digitalisierung”) frei wurde. Laut Vereinbarung der Bundesregierung mit den (deutschen) Netzbetreibern muss dieser Bereich dazu genutzt werden, bisher schlecht versorgte Regionen zu „Schnellem Internet” zu verhelfen. Definiert wurden vier Stufen für den Versorgungsgrad einer Region mit Breitbandinternet. Erst wenn in ganz Deutschland 90% der jeweilig vorangegangenen Stufe abgedeckt sind, darf mit der nächsten Stufe begonnen werden.
- Die Wahl für dieses Projekt fiel auf den vergleichsweise niedrigen Frequenzbereich um 800 MHz mit besseren Ausbreitungseigenschaften als bei 2600 MHz, was für die kostengünstige Versorgung ländlicher Bereiche sinnvoll und auch notwendig ist. Eine LTE-800 Basisstation erreicht einen maximalen Senderadius von etwa 10 km. Das Verhältnis Nutzer pro Fläche ist geringer als bei LTE–2600. Daraus ergibt sich, dass LTE–800 eher für dünn besiedelte Regionen geeignet ist.
- Der Frequenzbereich von 821 MHz bis 832 MHz bleibt frei, um Interferenzen zwischen dem Uplink und dem Downlink zu vermeiden ⇒ Duplexlücke. Darüber hinaus kann dieser für die Veranstaltungstechnik genutzt werden, da Frequenzen um 800 MHz schon vor Einführung von LTE von Funkmikrofonen genutzt wurde. In solchen Gebieten, in denen LTE flächendeckend verfügbar ist, müssen zukünftig Funkmikrofone auf die Duplexlücke ausweichen können.
- Die unterschiedliche Bedeutung der beiden Frequenzbereiche für die Netzbetreiber werden auch am Ergebnis der Frequenzversteigerung von 2010 deutlich. Die 60 MHz um 800 MHz erbrachten knapp 3.6 Milliarden Euro (60 Euro/Hz), die 190 MHz um 2.6 GHz nur 344 Millionen Euro (1,80 Euro/Hz). Zum Vergleich: Die Versteigerung der UMTS–Frequenzen im Jahr 2000 resultierte in der astronomische Summe von 50 Milliarden Euro für 60 MHz ⇒ 833 Euro/Hz.
Es besteht zudem die Möglichkeit, LTE nach und nach in das bestehende GSM–Netz um 900 MHz bzw. 1800 MHz einzuführen. Dies wird insbesondere durch die Spektrumsflexibilität von LTE begünstigt.
3GPP – Third Generation Partnership Project
Auf den letzten Seiten wurde schon mehrfach das Third Generation Partnership Project (oder kurz 3GPP) erwähnt. Hier soll ein kurzer Überblick über das Selbstverständnis dieser Gruppe, seine Struktur und seine Aktivitäten gegeben werden. Die Informationen sind direkt der 3GPP–Website entnommen.
Das 3GPP ist eine Gruppe verschiedener internationaler Normierungsorganisationen, die sich zum Zweck der Einheitlichkeit zusammengeschlossen haben. Es wurde am 4.12.1998 von fünf Partnern gegründet:
- ARIB (Association of Radio Industries and Businesses, Japan)
- ETSI (European Telecommunication Standards Institute)
- ATIS (Alliance for Telecommunications Industry Solutions, USA)
- TTA (Telecommunications Technology Association, Korea)
- TTC (Telecommunications Technology Committee, Japan)
Das 3GPP entwickelt, akzeptiert und pflegt einen weltweit anwendbaren Standard im Mobilfunk. Die regelmäßig und häufig abgehaltenen Konferenzen sind die wichtigsten Instanzen bei der Fortschreibung der Standardisierung der technischen Spezifikationen von LTE. Änderungsanträge durchlaufen einen festgesetzten Standardisierungsprozess mit drei Stufen, der hohe Qualität und eine gute Strukturierung der Arbeit des 3GPP ermöglicht. Hat ein Release die letzte Stufe erreicht und ist fertiggestellt, wird er von den Partnern bzw. den in den Partnerorganisationen vereinigten Telekommunikationsunternehmen an den Markt weitergegeben.
In Gutt, E.: LTE – eine neue Dimension mobiler Breitbandnutzung. PDF-Dokument im Internet, 2010 findet man folgende Einschätzung: „Ziel der 3GPP–Standardisierung ist die Erstellung von technischen Spezifikationen (TS), die alle technischen Details einer Mobilfunktechnologie detailliert beschreiben. Die Spezifikationen für LTE sind extrem umfangreich. Der Detailgrad ist so hoch gewählt, damit Mobilfunkgeräte unterschiedlicher Hersteller in allen Netzen problemlos funktionieren”.
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